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Neue Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft als "Spezialeinheit"

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Neue Behörde startet mit zu wenig Personal. | WKStA-Chef für schärfere Gesetze.


Wien. Der Zeitpunkt könnte eigentlich nicht besser sein. Mitten in der Telekom-Affäre um Kursmanipulationen und Bestechung nahm am Donnerstag die neue "Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption" (WKStA) ihren Betrieb auf. Zu blöd nur, dass die neue Behörde für den Fall Telekom nicht zuständig ist. Nur jene Fälle, die bisher schon bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft lagen oder die jetzt neu angezeigt werden, fallen in den Aufgabenbereich der WKStA. Aber auch ohne die Causa Telekom haben die Korruptionsjäger unter Walter Geyer genug zu tun - zumal die WKStA mit personellen Problemen zu kämpfen hat.

"Der Kampf gegen die Korruption wird an der Personalfront entschieden", erklärte Geyer am Donnerstag anlässlich der Eröffnung der neuen Behörde. Als Vergleich zog er die Münchner Staatsanwaltschaft heran, wo alleine die Wirtschaftsgruppe 40 Staatsanwälte umfasst. In der WKStA sind es derzeit 15 statt geplanter 21. Mittelfristig werden 40 Staatsanwälte angepeilt.

Vorerst nur ein eingeschränkter Betrieb

Aufgrund der personellen Lücken nimmt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ihren Betrieb nur eingeschränkt auf. So ist sie vorerst für Korruptions- und Wirtschaftsdelikte mit einer Schadenssumme von mehr als fünf Millionen Euro zuständig. Aktuelle Fälle betreffen etwa "einen früheren Innenminister wegen Bestechung", einen Baukonzern sowie den Verkauf der Buwog, wie Geyer im ORF-Radio sagte.

"Ab 1. September 2012 werden auch Finanzstrafdelikte mit fünf Millionen Euro übersteigenden Schadensbeträgen, qualifizierte Fälle des Sozialbetrugs, qualifiziertes kridaträchtiges Verhalten sowie unter anderem Vergehen gemäß § 255 Aktiengesetz oder § 122 GmbH-Gesetz (Bilanzfälschung, Anm.) bei entsprechend großen Unternehmen (Stammkapital von zumindest fünf Millionen Euro oder mehr als 2000 Beschäftigte) in die Zuständigkeit der WKStA fallen", wie es auf der Homepage der Behörde heißt.

Dazu muss aber das Personal deutlich aufgestockt werden. Dafür wird nicht nur auf wirtschaftsaffine Staatsanwälte gesetzt, sondern auch im Teich der Rechtsanwälte gefischt. Bereits sieben konnten zu einem Wechsel bewegt werden.

Nachholbedarf sieht Geyer außer beim Personal aber auch beim fachlichen - vor allem wirtschaftlichen - Wissen der Staatsanwälte. Vor allem aber sollten gesetzliche Lücken gestopft werden. So müsse auch das sogenannte Anfüttern (Zuwendungen ohne konkreten Zweck) wieder unter Strafe gestellt werden. Weiters forderte Geyer "ein Lobbyinggesetz, das wirklich Transparenz schafft" sowie ein Verbot von Beraterhonoraren bei der Erlangung öffentlicher Aufträge, "damit Bestechung nicht outgesourct wird". Auch im Bereich der Parteienfinanzierung brauche es klare Regeln, so Geyer. Wenn es gelinge, diese Lücken zu schließen, gebe es die Chance, dass Österreich nicht mehr als Korruptionsoase gelte.

Dies sei auch "eines meiner erklärten Ziele", versicherte Justizministerin Beatrix Karl, die sich "sehr erschüttert" über die aktuellen Korruptionsfälle zeigte. Karl sieht die Korruptionsbekämpfung auch aus demokratiepolitischen Gründen unerlässlich, "denn Demokratie funktioniert nur, wenn die Bürger der Politik vertrauen können".

"Korruption istkein Kavaliersdelikt"

Dabei lasse sie sich die Justiz aber nicht schlechtreden, so die Ministerin, die einräumt, dass man dem Vertrauensverlust in die Justiz mit mehr Aufklärung gerade über die Komplexität von Wirtschaftsverfahren begegnen müsse. Für diese brauche es Staatsanwälte, die "auf neuen Gebieten spezialisiert sind". Die neue Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sei daher eine regelrechte "Spezialeinheit der Staatsanwaltschaft, ein echtes Kompetenzzentrum". Damit werde die Justiz zeigen, "dass es uns ernst ist mit der Korruptionsbekämpfung" und dass Korruption kein Kavaliersdelikt sei.

Von Letzterem gehen übrigens immerhin 21 Prozent der Österreicher aus, wie Politikwissenschafter Peter Filzmaier im Anschluss darlegte. Bezüglich Vertrauensverlust zeichnete Filzmaier übrigens ein wesentlich positiveres Bild als die Justizvertreter. Seit Jahren genießt die Justiz bei den Österreichern einen konstant hohen Grad an Vertrauen - ganz im Gegensatz zur Politik. Deshalb die Empfehlung Filzmaiers an die Korruptionsstaatsanwälte, keinesfalls als politischer Akteur aufzutreten. "Die Justiz hat ein gutes Image. Also bleiben Sie Justiz!"