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Eiertanz ums goldene Schwein

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Schweinezucht: Bauern machen mobil gegen Stöger. | Verhandlungen stocken seit Monaten.


Wien. Österreichs Schweinebauern steigen auf die Barrikaden. 3000 demonstrierten am Mittwoch bei der Rieder Messe gegen den Plan von Gesundheitsminister Alois Stöger, die Haltung von Schweinen in Kastenständen stark einzuschränken. Die Bauern fürchten um ihre Existenz.

Der Stein des Anstoßes ist ein 190 mal 65 Zentimeter großer Metallkäfig. In diesem werden Zuchtsauen untergebracht, wenn sie gedeckt werden und wenn sie Ferkel säugen. Viel Bewegungsfreiheit haben die Tiere dabei nicht. Sie können aufstehen und sich wieder hinlegen. Ein Umdrehen ist nicht möglich.

"Tierschutz" sagen die einen, "Tierquälerei" schimpfen die anderen.

Erstere sind die Bauern, unterstützt von Landwirtschaftskammer und Landwirtschaftsministerium. Sie argumentieren, dass ohne die "Ferkelschutzkörbe", wie sie die Kastenstände nennen, die Muttertiere die Ferkel erdrücken würden. Für die Jungtiere ein qualvoller Tod, für die Bauern ein wirtschaftlicher Verlust.

Als tierquälerischen Missstand bezeichnen Tierschutzorganisationen wie der Verein gegen Tierfabriken die Kastenstandhaltung. Auch die Volksanwaltschaft ist dieser Meinung und hat eine entsprechende Missstandsfeststellung beschlossen. Die Volksanwälte haben angekündigt, die Kastenstände notfalls mit dem Gang zum Verfassungsgerichtshof zu bekämpfen.

Änderung nur gemeinsam möglich

Gesundheitsminister Stöger, in dessen Ressort der Tierschutz fällt, fasst die Missstandsfeststellung als Handlungsauftrag auf. Das Problem: Die entsprechende Tierhaltungsverordnung kann Stöger nur gemeinsam mit Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich ändern - und der steht auf der Seite der Bauern. Seit Monaten sind die Verhandlungen festgefahren.

Am Donnerstag nun kündigte der ÖVP-Bauernbund einen "heißen Herbst" an. Eine Abschaffung des Ferkelschutzkorbes würde jährlich 500.000 Ferkeln das Leben kosten, immerhin zehn Prozent des Schweinenachwuchses. Doch nicht nur mit dem Schutz der Jungtiere wird argumentiert. Bis Ende 2012 müssen Schweinezüchter aufgrund einer EU-Richtlinie auf Gruppenhaltung umstellen. Dafür seien seit 2003 bereits 200 Millionen Euro investiert worden. Diese Investitionen sieht der Verband der österreichischen Schweinehalter durch das Kastenstand-Verbot gefährdet. Die Landwirtschaft fürchtet, dass rund ein Drittel der Betriebe eine weitere finanzielle Belastung nicht verkraften würde und aufgrund von Wettbewerbsunfähigkeit infolge eines Verbotes zusperren müsste.

Nachdem die Verhandlungen im Sommer praktisch abgebrochen wurden, soll jetzt ein neuer Anlauf zur Lösung des Problems genommen werden. Ob dies gelingt, ist allerdings fraglich. Auch ein Termin steht noch nicht fest.

Gespräche werde es dann geben, sobald es aus dem Landwirtschaftsministerium einen Vorschlag gebe, der mit den Forderungen der Volksanwaltschaft kompatibel sei, heißt es aus Stögers Büro.

Im Landwirtschaftsministerium wiederum heißt es, dass man ohnehin schon einen Kompromissvorschlag vorgelegt habe: Künftig sollen Zuchtschweine nur noch 13 Wochen pro Jahr im Kastenstand gehalten werden dürfen, rund ein Drittel weniger als die bisherigen 165 Tage. Das sei die "absolute Schmerzgrenze für die Betriebe", heißt es aus dem Ministerium, und: "Es ist unverständlich, worauf Stöger noch wartet".

Im Gesundheitsministerium bleibt man dabei: "Sobald ein Vorschlag da ist, kann man reden." Die 13 Wochen, die die Landwirtschaft vorschlage, seien jedenfalls kein ernst zu nehmender Vorschlag, schließlich fordere die Volksanwaltschaft ein völliges Verbot. "Die Volksanwaltschaft will null, wir bieten 22 bis maximal 43 Tage - das ist ein Kompromiss."

Während man im Landwirtschaftsministerium am Donnerstag "froh" war, "dass Stöger wieder an den Verhandlungstisch zurückkehrt", glaubt man im Gesundheitsministerium nicht mehr wirklich an eine Lösung. Es sei wahrscheinlich, dass die Volksanwaltschaft eine Klage beim Verfassungsgerichtshof einbringen werde - "die Folgen sind nicht absehbar und können weitreichend sein", heißt es drohend.