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Wenn Mauern Geschichte erzählen

Von Christoph Rella

Politik

Immer mehr Zeitzeugen sterben. | Neuer Fokus liegt auf Gedenkstätten. | KZ Mauthausen bis 2013 umgebaut.


Wien. Mehr als 66 Jahre sind seit der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen vergangen. An den 5. Mai 1945, also jenen Tag, an dem US-Truppen die Tore der NS-Anstalt öffneten, können sich allerdings immer weniger Zeitzeugen erinnern. Grund: Der Großteil der Opfer ist bereits verstorben. Jene, die sich noch an diese Zeit erinnern können, sind auch schon über 80 oder 90 Jahre alt.

So verlor etwa auch das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) seit Juli mit den Gründungsmitgliedern Jonny Moser, Alfred Ströer und Ernst Degasperi drei wichtige Zeitzeugen. Um die Zeit des Nationalsozialismus nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, will nun das DÖW die Vermittlung von Geschichte durch eine Aufwertung der Gedenkstätten-Pädagogik intensivieren. "Das biologische Ende der Erfahrungsgeneration hat mittlerweile zu einer starken Verortung von Geschichte geführt", erklärte die Wiener Historikerin Heidemarie Uhl. Das zunehmende Fehlen von Zeitzeugen hebe die Bedeutung der Gedenkstätten und deren Gestaltung hervor. Als "verbesserungswürdig" bezeichnete die Geschichtswissenschaftlerin etwa das Zusammenspiel zwischen Forschung und Gedenkstättenpädagogik. Weswegen dieses Thema auch im Rahmen der seit Donnerstag in Wien gastierenden Konferenz "Diesseits und Jenseits des Holocaust" erörtert werden soll. Gastgeber ist der Verein "Gedenkdienst".

Doku-Zentrum für Wien

"Es geht uns um eine Synchronisierung von Konzepten in der Gedenkstättenarbeit", betonte Uhl. Immerhin könne man, was die Geschichtsvermittlung betrifft, bereits von einem "Mainstream" in der Gedenkstättenlandschaft Europas sprechen. Was allerdings in Österreich noch fehle, sei ein eigenes NS-Dokumentationszentrum zur Bildungsarbeit, sagte sie. Als Vorbild nannte Uhl deutsche Lern- und Gedenkstätten wie etwa das Berliner Institut "Topographie des Terrors".

Was wiederum die nähere Zukunft des Konzentrationslagers Mauthausen betrifft, soll auch hier der Verlust an Zeitzeugen durch eine Umgestaltung des Lagermuseums kompensiert werden. "Der Besuch einer Gedenkstätte wirkt wegen des Ausbrechens aus den gewohnten Vermittlungssituationen als sinnlich, emotional und kognitiv erfahrbare Ausnahmeerscheinung", erklärte der Politologe Matthias Knopp vom Verein "Gedenkdienst" im Vorfeld der Konferenz in Wien.

Neugestaltung bis 2013

Geht es nach dem zuständigen Innenministerium, soll die Neugestaltung der "Ausnahmeerscheinung" Mauthausen bis Mitte 2013 abgeschlossen sein. Zu den ersten Maßnahmen, die gesetzt werden, zählen unter anderem die Sanierung des Reviergebäudes sowie die Gestaltung einer neuen Überblicksausstellung. Ebenfalls geplant ist die Einrichtung eines "Raums der Namen" sowie eine Dokumentation über die Massentötungen in Mauthausen. Auch die Rolle der zahlreichen KZ-Außenlager soll beleuchtet werden. Gesamtinvestitionskosten: 1,7 Millionen Euro.

Einen fixen Platz in der Neugestaltung der Gedenkstättenpädagogik soll auch der unweit von Mauthausen gelegene Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim erhalten, wo die Nationalsozialisten im Rahmen ihres Euthanasieprogramms zwischen 1940 und 1944 rund 30.000 behinderte und kranke Menschen töten ließen. Für 1. Oktober ist eine Gedenkfeier für die Opfer in dem Schloss angesetzt.