
Wien. (zaw/apa) Bei Rot-Schwarz hängt der Haussegen ziemlich schief. Gegenseitige Anschüttungen wegen Telekom- oder ÖBB-Inserate-Affäre belasten das Koalitionsklima nachhaltig. Darunter leidet auch die Sacharbeit. Jüngstes Opfer: das Lobbyistengesetz.
Die SPÖ verreißt die diesbezügliche Vorlage von Justizministerin Beatrix Karl. Der Grund: Karl will auch die Kammern zur Registrierung ihrer Interessenvertreter verpflichten. Kommt nicht infrage, heißt es dazu aus der SPÖ. Schließlich sei das Gesetz nur mit Blick auf Lobbyisten gemacht worden.
Drei Lobbying-Typen
Grundsätzlich sollen durch das neue Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz alle Kontakte mit Funktionsträgern von Bund, Ländern und Gemeinden mit dem Zweck der Einflussnahme auf deren Entscheidungen erfasst werden. Dabei wird zwischen drei Lobbyisten-Typen unterschieden: klassischen Lobbying-Unternehmen, Unternehmen, die Mitarbeiter für unternehmensbezogenes Lobbying beschäftigen, sowie gesetzlich eingerichtete Selbstverwaltungskörper (wie Kammern) und Interessenverbände (wie die Industriellenvereinigung). Sie alle sollen sich im Lobbying-Register eintragen müssen.
Gegen die Einbeziehung der Kammern läuft nun die SPÖ Sturm. Das Gesetz sei für Personen wie Ernst Strasser oder Alfons Mensdorff-Pouilly, aber nicht für die Selbstverwaltungskörper, findet SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günter Kräuter. "Die haben da eigentlich nichts verloren", sagte er im ORF-Radio. Es könne nicht sein, dass die Säulen der österreichischen Sozialpartnerschaft mit kriminellen Elementen in einen Topf geworfen würden.
Für die Volkspartei sind die Kammern im Register "ein Must", wie es aus der ÖVP heißt. Da gebe es keinen Spielraum mehr. Es gebe ja ohnehin ein abgestuftes System - Kammern und Interessenverbände müssen weniger Daten preisgeben und sind auch von den Strafen von bis zu 60.000 Euro ausgenommen -, weiter werde man aber nicht nachgeben. Diesbezüglich will die ÖVP nun "Druck machen, dass das noch im Herbst über die Bühne geht".
Sollte die ÖVP auf der jetzigen Form beharren, droht die SPÖ mit einem Abänderungsantrag. Harte Verhandlungen sind somit zu erwarten.
Doch nicht nur beim Lobbying-Gesetz sind die Fronten zwischen Rot und Schwarz verhärtet. Insgesamt herrscht ein äußerst gereiztes Klima. Befeuert wurde dies während des Aufenthalts von Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger in den USA in der Vorwoche durch Querschüsse aus der zweiten Reihe, wie etwa jenen Angriffen des Salzburger ÖVP-Chefs Wilfried Haslauer auf Kanzler Faymann. Nun sucht man einen Ausweg.
Bei einem Routinetreffen von Kanzler und Vizekanzler am Montag (kein "Krisen-Gipfel", betonen beide Seiten) wollte Faymann ein "Machtwort" sprechen - aber nicht gegen den Koalitionspartner, sondern für die gemeinsame Arbeit.
Abrüsten der Worte
Diesbezüglich hofft auch Spindelegger auf ein "Abrüsten der Worte, eine Versachlichung der Debatte". In der derzeitigen Situation müssten "alle wieder ein bisschen runterkommen", heißt es aus seinem Umfeld.
Das empfahl im ORF-Radio am Montag auch der Politologe Fritz Plasser. Die Regierung müsse einen Modus Vivendi finden, um noch die verbleibenden zwei Jahre zusammenarbeiten zu können. Dazu gehöre aber auch ein Untersuchungsausschuss, der etwa auch die Vorwürfe zu den Regierungsinseraten prüfe.
Dazu könnte es heute, Dienstag, ein erstes Gespräch zwischen den Klubs von SPÖ und ÖVP geben. Die Koalitionsparteien wollen sich zuerst untereinander über den Umfang eines U-Ausschusses einig werden, bevor die Opposition eingebunden werden soll. Diese beharrt auf einem umfassenden Prüfauftrag, von der Causa Telekom über Behördenfunk bis Buwog und Inserate.
In der Telekom-Affäre wurde am Montag übrigens Lobbyist Peter Hochegger von der Staatsanwaltschaft einvernommen. Auskunft erhofften sich die Ermittler etwa zu seiner Rolle in der Kursmanipulationsaffäre und über jene 9 Millionen Euro, die Hochegger von der Telekom als Honorar ohne Gegenleistung bekommen haben soll.