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Experten fordern mehr Sprachen in den Schulen

Von Carola Harather

Politik

Über die Rolle der Migranten in österreichischen Schulbüchern. |Warum Türkisch als Maturafach angeboten werden soll.


Wien. "Jeder Jugendliche sollte die Möglichkeit haben, die Familiensprache so weit zu literalisieren, bis sie voll entwickelt ist", stellt Rudolf de Cillia, Professor am Institut für Sprachwissenschaft der Universität Wien, klar.  Migranten haben ein Recht darauf die eigene Sprache vollständig zu erlernen.  Und es gibt keinen Grund, warum Türkisch nicht als Maturafach angeboten werden sollte. Darin sind sich die Experten im Rahmen der Veranstaltung "Medien, Messe, Migration" in der Wiener Stadthalle einig.

In der Hauptschule wird Türkisch bereits unterrichtet, im Schulversuch seit 2005 auch im Abendgymnasium. Türkisch zählt zu den am meisten vertretenen Sprachen in Österreich. Im Jahr 2010 betrug in allen Schularten und österreichweit der Anteil der Schüler, die eine andere Muttersprache als Deutsch angeben, 17,7 Prozent. In Wien haben 42,2 Prozent eine andere Sprache angegeben. An den Wiener Pflichtschulen beträgt die Zahl 55,3 Prozent, womit die Schüler, die nicht Deutsch als Muttersprache haben, die Mehrheit darstellen, so Elfie Fleck,  Mitarbeiterin im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur.

Sie weist darauf hin, dass bereits seit 1992 muttersprachlicher Unterricht angeboten wird. Der Lehrplan selbst ist sprachneutral. Das bedeutet: Er lässt sich auf alle Sprachen anwenden. Dadurch können neue Sprachen leicht eingeführt werden. Seit Kurzem wird zum Beispiel in Graz Armenisch angeboten, so Fleck. Auch Thomas Mayr, Geschäftsführer des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft, spricht sich für die Mehrsprachigkeit aus. Denn zukünftig wird es immer wichtiger, dass Mitarbeiter über verschiedene Sprachen verfügen.

Mittlerweile gibt es österreichweit um die 400 muttersprachliche Lehrkräften. Es ist das Ergebnis des in den vergangenen Jahren gestiegenen Sprachangebotes. Fleck weist aber auf die höhere Anzahl der Kinder, die für den Unterricht in Frage kommen, hin. Die Folge: Die Prozentzahl der Kinder, die muttersprachlichen Unterricht erhalten, ist geringer geworden als noch vor zehn Jahren.

Migranten in österreichischen Schulbüchern

Dabei dient die eigene Sprache zur Identitätsbildung. Das Gefühl der Migranten nicht dazuzugehören, wird oft durch die Gesellschaft verstärkt. So stellt sich die Frage nach der Rolle der Migranten in österreichischen Schulbüchern.

"Migration ist ein Thema in den Schulbüchern", erklärt Christiane Hintermann, Forscherin am Ludwig Boltzmann Institut für Europäische Geschichte und Öffentlichkeit. Fest steht: Schulbücher bringen  eine Hierarchie in die Klasse. Nämlich dann, wenn zwischen "wir" und "den anderen"  unterschieden wird. Vor allem in älteren Lehrwerken war dies der Fall. Lautete früher die Aufgabe im Geografie-Unterricht Migranten zu ihrer Geschichte zu befragen, ist es heute eine andere: Alle Schüler sollen die Immigrationsgeschichte der eigenen Familie recherchieren. "Es gibt so viele Migrationsgeschichten in Österreich, die wir nicht als Migrationsgeschichten begreifen", erläutert Hintermann, "und es ist ein Beispiel dafür, wie man das Thema Migration bearbeiten kann, ohne in wir und andere zu trennen. Jedes Individuum, jede Familie hat eine eigene Geschichte."

Für die Forscherin ist es wichtig, Diskriminierung und Rassismus in den Büchern sichtbar zu machen. Durch das neue Projekt "Migration(en) im Schulbuch" werden österreichische Schulbücher analysiert. Dafür werden auch Workshops in Schulen angeboten. Mithilfe der Schüler und der Lehrer soll das Thema Migration abgearbeitet, die Probleme erkannt werden, so Hintermann. Erste Ergebnisse werden Anfang März 2012 veröffentlicht.

Medien, Messe, Migration