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Netzwerker sollen Migranten bei der Jobsuche helfen

Von Bernd Vasari

Politik
Netzwerke können das Leben erleichtern.
© © Rainer Sturm / pixelio.de

Vom Millionär zum Tellerwäscher? - Mentoring-Programm will gegensteuern.


Wien. Personen mit Migrationshintergrund haben bei gleichen Bildungsabschlüssen viel geringere Chancen auf einen bildungsadäquaten Job. Das hat kürzlich die Studie "Dequalifizierung von Migranten am österreichischen Arbeitsmarkt" der Statistik Austria gezeigt. Seit sechs Jahren soll das Projekt "Mentoring für MigrantInnen" von Wirtschaftskammer (WKO), Integrationsfonds (ÖIF) und Arbeitsmarktservice gegensteuern: Gut vernetzte Akteure helfen Migranten mit Lehr- oder Hochschulabschluss. Dienstagabend traf sich erstmals der neue Jahrgang in der WKO.

Heuer stellt sich auch Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz als Mentor zur Verfügung: "Integration funktioniert durch Leistung, und wenn wir an dieses Motto glauben, dann müssen wir auch die Möglichkeit geben, dass Leistung erbracht werden kann." Er verweist auf die geringere Erwerbsquote und häufige Dequalifizierung von Migranten. "Warum ist das so? Oft, weil das Netzwerk und vielleicht auch ein bisschen der Einblick fehlt."

Gabriela Grottenthaler-Riedl vom Austria Wirtschaftsservice ist schon zum sechsten Mal Mentorin. Ihr Mentee vom Vorjahr Linda Delire hat mittlerweile einen Job: "Im Februar habe ich beim Vertriebs-Controlling der AUA angefangen. Vor dem Programm fehlte es mir an Mut und Vertrauen. Ich habe gelernt, wie man bei Bewerbungsgesprächen auftritt, und hatte dann bald zwei Jobangebote."

Das Mentoringprogramm dauert ein halbes Jahr. 39 Prozent der Mentees fanden einen Job, 80 Prozent der Mentoren waren zufrieden mit ihren Schützlingen. "Mentoring lebt von zwischenmenschlichen Beziehungen," meint Margit Kreuzhuber, Beauftragte für Integration/Migration der WKO. Beim Mentee-Bewerbungsgespräch mache es keinen Unterschied, ob die Person Hochschulabschluss oder Lehrabschluss hat, auch die Staatsbürgerschaft sei egal. "Es braucht keine Job-Erfahrungen. Der Bewerber sollte den Eindruck vermitteln, dass er motiviert ist."

Pat Blashill, der seit kurzem in Österreich lebt und in den USA als Journalist für den "Rolling Stone" gearbeitet hat, fand seinen Mentor in Simon Inou, Geschäftsführer von M-Media. "Ich hätte gerne einen guten Job, am besten eine Mischung aus NGO und Medien", sagt Blashill. Die Liebe zu seiner österreichischen Frau holte ihn nach Österreich. Sein Mentor ist optimistisch: "Ich komme aus dem Bereich NGO und kenne viele Leute. Es wird sicher etwas dabei sein." Inou ist heuer zum zweiten Mal Mentor. Er hat auch schlechte Erfahrungen: "Letztes Jahr hatte ich eine Journalistin aus Bosnien-Herzegowina, die einen Job im österreichischen Fernsehen wollte. Sie hatte bereits ein Praktikum bei Pro7 und bei Puls4 in der Tasche, aber es war unmöglich. Wir haben gemerkt, wie wenig Lobbys Migranten beim Fernsehen haben."

Abwasch statt Wissenschaft

Für Alexander Janda, Geschäftsführer des ÖIF, ist das Projekt "Mentoring für MigrantInnen" kein Sozialprojekt: "Die österreichische Wirtschaft und die österreichische Gesellschaft sind die Gewinner des Projekts." Sein Schlüsselerlebnis war die erfolglose Vermittlung einer Person mit afghanischem Hintergrund, die eine naturwissenschaftliche Ausbildung aus Großbritannien vorzuweisen hatte: "Wir haben versucht etwa über die Uni für Bodenkultur einen Job zu vermitteln. Er landete dann als Abwäscher in einem Wiener Ringstraßencafé. Es gibt anderswo die Geschichte vom Tellerwäscher vom Millionär, bei ist es irgendwie umgekehrt. Wir sollten das Potenzial, das wir haben, nutzen."

Migranten hätten am Anfang in Österreich das Gefühl: "Hier bin ich und dort ist die Gesellschaft", sagt Lakis Iordanopoulos, ORF-Moderator von "Heimat fremde Heimat". "Wenn man bei den ersten Schritten als Migrant in einem neuen Land abblitzt, kennt man sich weiter nicht aus. Dann ist es wichtig, jemanden zu haben, den man um Rat fragen kann." Die Kulturmanagerin Leonie Hodkevitch findet, dass man Migranten auch in anderen Bereichen wie der Kunst fördern sollte. Ihr Mentee Negar Ranjbarrad ist Malerin. "Im Kulturbereich sind Kontakte wichtig. Ich werde eine Party organisieren, wo sie schon mal in das Netzwerk eingeführt werden wird."