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Statt strahlender Schönheit nur Graubereiche

Von Eva Stanzl

Politik
Harte Bandagen für die Schönheitsmedizin.
© © © Tetra Images/Corbis

Gesetz zur Schönheitschirurgie soll bis Frühling unter Dach und Fach sein.


Wien. Eine 25-jährige Frau lässt sich durch Fetteinspritzung die Brüste vergrößern. Doch statt zum gewünschten Ergebnis kommt es zu einer schmerzhaften Entzündung, dann einer Verhärtung und schließlich einer Asymmetrie beider Brüste.

Rund 40.000 Schönheits-Operationen werden jährlich in Österreich vorgenommen, am häufigsten Fettabsaugung und Brustvergrößerung. Öfter als in anderen Bereichen der Medizin weicht bei ästhetischen Eingriffen die Erwartungshaltung vom Ergebnis ab - mit manchmal dramatischen Folgen. Der Beruf des Schönheitschirurgen ist nicht geschützt. Eingriffe dürfen auch Allgemeinmediziner und Fachärzte vornehmen. Nicht selten unterbleiben ausführliche Beratungsgespräche zugunsten von Werbeversprechungen.

Bei der Wiener Patienten- und Pflegeanwaltschaft wurden 2009 insgesamt 28 Anliegen zum Thema "Schönheit" eingebracht. 2010 stieg diese Zahl um 20 Prozent an. "Die Dunkelziffer der Unzufriedenen, die still und leise damit leben, dürfte relativ hoch sein", betonte der Wiener Patientenanwalt Konrad Brustbauer am Montag vor Journalisten. Für Gesundheitsminister Alois Stöger ist das zu viel. Auf seine Initiative erarbeitet eine Expertengruppe verbesserte gesetzliche Grundlagen. Bis zum Frühjahr will er ein Gesetz zur Schönheitsmedizin unter Dach und Fach bringen mit klaren Richtlinien zur Aufklärung und der Ausbildung der Ärzte. Vor allem setzt Stöger auf eine verpflichtende psychologische Beratung für 14- bis 18-Jährige: "Je weniger nötig eine Operation, desto intensiver muss die Aufklärung erfolgen", stellte er klar.

Doch die Formulierung des Gesetzes dürfte knifflig werden, berührt doch die Schönheitsmedizin mehrere Graubereiche. Allgemein dürfen chirurgische Eingriffe nur durchgeführt werden, wenn es medizinisch nötig ist. Für Schönheitsoperationen ist hingegen der Patientenwunsch ausschlaggebend. "Wir halten jedes Aufklärungsgespräch fest. Die Unterschrift ist der Auftrag zur Operation", sagt Boris Todoroff von der Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie.

Nichtsdestotrotz: "Eine Operation ist Körperverletzung außer bei Krankheit. Es gibt aber die leichte Körperverletzung, die erlaubt ist, wenn der Wille des Patienten gegeben ist. Allerdings darf die Gesundheitsstörung in Folge der Operation nur 24 Tage dauern", sagt Brustbauer. Theoretisch ist also der Arzt vor dem Strafgericht haftbar, wenn etwa eine Lidkorrektur Augen-Beschwerden für sechs Wochen nach sich zieht. Durch die Unterschrift des Patienten hat er sich zwar vor einer zivilrechtlichen Klage geschützt, nicht aber vor einer Klage durch den Staatsanwalt. "Ein ähnliches Bild zeichnet sich in mehreren Bereichen ab", sagt der Wiener Reproduktionsmediziner Wilfried Feichtinger: "Wir haben das gleiche Szenario beim Einfrieren eigener Eizellen, die sich Frauen im späteren Alter einsetzen lassen wollen, um ihren Kinderwunsch zu verwirklichen: Es fehlt die Indikation."

Die Frage ist auch, wie weit Patientenwünsche gehen dürfen. "Animalisierungsoperationen, wo Menschen aussehen wollen wie Katzen oder Eidechsen, lehne ich ab", sagt Todoroff. Ebenso stemmt er sich gegen Operationen an unter 18-Jährigen, "wenn es sich um eine reine Wunscherfüllung handelt,weil ja die Körper noch nicht ausgewachsen sind." Immer mehr all derer, die sich freiwillig unters Messer legen, sind Jugendliche (die "Wiener Zeitung" berichtete vorab). Ab 14 Jahren dürfen sie das mit elterlicher Einwilligung. Anheben will Stöger das Grenzalter nicht. "Die Entscheidung für eine Operation kann eine große Rolle spielen, etwa wenn jemand in der Schule gehänselt wird und das die Psyche beeinträchtigt."