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Oranges Zünglein an der Waage

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik
Josef Bucher will seine Partei als staatstragend präsentieren - polternden Polit-Rowdys in den eigenen Reihen zum Trotz.
© © unbegrenzt verfŸgbar / ROBERT JAEGER

Politikexperte Hofer sieht Problem des BZÖ in fehlender Wertegemeinschaft.


Wien. Die Schuldenbremse kommt - notfalls als einfaches Gesetz. Weil der Regierung aber eine Regelung im Verfassungsrang lieber wäre, dürfte bis zum Plenum am Dienstag und Mittwoch weiterverhandelt werden, gilt es doch, eine Oppositionspartei für die nötige Zweidrittelmehrheit zu gewinnen. Am wahrscheinlichsten ist eine Zustimmung des BZÖ, womit sich für das orange Bündnis eine große Chance auftut.

"Seit dem Tod Jörg Haiders kämpft das BZÖ ums Überleben, jetzt das Zünglein an der Waage zu sein, ist schon ein Gewinn für die Partei", sagt Politikexperte Thomas Hofer im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Er sieht die derzeitige Schuldenbremsendebatte als gute Gelegenheit für das orange Bündnis, die eigenen Inhalte zu positionieren.

Seit zwei Jahren versucht Parteichef Josef Bucher, seine Partei als rechtsliberal nach dem Vorbild der deutschen FDP zu präsentieren. So fordert er für sein Ja zur Schuldenbremse ein Abgabenlimit, eine Ausgabengrenze und Sanktionen bei Überschreiten der Schuldengrenze.

Bei der Budgetsanierung setzt Bucher ganz auf die Ausgabenseite. "Da kann er sich als die bessere ÖVP präsentieren", so Hofer, denn innerhalb der Volkspartei macht vor allem der Arbeitnehmerflügel Druck für auch einnahmenseitige Maßnahmen, was ÖAAB-Chefin Johanna Mikl-Leitner diese Woche mit ihrem "Her mit dem Zaster"-Sager denkwürdig unterstrich.

Für Politexperte Hofer eröffnet dieser Weg dem BZÖ durchaus Möglichkeiten, zumal die ÖVP in ihrer derzeitigen Situation einiges an Angriffsfläche biete. Mit einem strammrechten Kurs, wie ihn sich einige BZÖler wünschen, "sind die Überlebenschancen aber gleich null, denn da überholt das BZÖ die FPÖ nicht", glaubt Hofer.

Noch wirkt Bucher mit seinem rechtsliberalen Kurs in seiner Partei etwas einsam. "Peter Westenthaler, Ewald Stadler, Gerald Grosz oder Ernest Windholz sind Politiker, die die Positionierung, die Bucher für seine Partei will, nicht abbilden. Höchstens noch Herbert Scheibner, aber sonst gibt es da keinen Mandatar, der die Position glaubwürdig vertritt", sagt Hofer. Für ihn ist das "Grundproblem des BZÖ, dass man keine Wertegemeinschaft bildet. Es fehlt die Klammer", zumal einige orange Mandatare "besser zur FPÖ passen" würden. Aber zum Glück für Bucher würden sich diese derzeit wenigstens zurückhalten, sagt Hofer.

Aus seiner Sicht ist die Schuldenbremse eine Chance für das BZÖ, "die man ergreifen muss". Damit das Bündnis von einer Zustimmung aber auch profitiert, müsse sich ihre Position in einer Einigung wiederfinden, "ansonsten gilt man schnell als willfähriger Steigbügelhalter". Eine Zustimmung des BZÖ ist auch deshalb wahrscheinlich, weil Bucher seine Partei - als Gegensatz zu einer fundamentaloppositionellen FPÖ und trotz polternder Polit-Rowdys in den eigenen Reihen - als staatstragend positionieren will.

Entegenkommen des BZÖ,

Widerstand in der SPÖ

Der Regierung kam Bucher am Freitag insofern entgegen, als er sich eine Festschreibung einer Abgabenquote auch erst später als schon ab 2012 vorstllen kann, schließlich werde die Schuldenbremse auch erst 2017 wirksam, so Bucher in ATV. Allerdings sieht der BZÖ-Chef die Schuldenbremse nun andernorts gefährdet, nämlich in der SPÖ. Dort kommen die größten Skeptiker aus Oberösterreich und dem ÖGB.

In der oberösterreichischen SPÖ hält man wenig von der Schuldenbremse und den dazugehörenden Sparplänen. Stattdessen will sie zusätzliche Einnahmen in Form einer Vermögenssteuer. Daher wollen sich die oberösterreichischen SPÖ-Mandatare Kurt Gartlehner, Hermann Krist und Harry Rudolf Buchmayr erst am Montag entscheiden, ob sie für die Schuldenbremse stimmen werden. Auch die sozialdemokratischen Gewerkschafter wollen sich laut ÖGB-Vizepräsidentin Sabine Oberhauser erst "kurzfristig entscheiden".

In der SPÖ-Zentrale spielte man am Freitag den Widerstand in den eigenen Reihen herunter. Die SPÖ-Mandatare würden "auch in dieser Frage ihre staatspolitische Verantwortung zeigen", sagte Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter, der ebenso wie Klubobman Josef Cap von einem Ablenkungsmanöver Buchers spricht.

Für eine Verfassungsmehrheit im Nationalrat braucht es 122 Mandatare. SPÖ und ÖVP verfügen zusammen über 108. Mit dem BZÖ wären es 124. Sollten allerdings etwa die drei oberösterreichischen SPÖler gegen die Schuldenbremse stimmen, wäre die nötige Zweidrittelmehrheit dahin. Dann käme die Schuldenbremse als einfaches Gesetz.