Wien.

(kats) Es ist ein Beschluss, der Begehrlichkeiten weckt. Nachdem sich die Regierung und die Beamtenvertreter am Sonntagabend auf eine Erhöhung der Beamtengehälter um durchschnittlich 2,95 Prozent geeinigt haben, sind am Montag in Linz die Gewerkschafter auf die Straße gegangen. Denn in Oberösterreich soll - ähnlich wie in der Steiermark - der Gehaltsabschluss des Bundes nicht gelten.

Aber der Reihe nach: Bereits am Dienstag vergangener Woche hatten Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) und Gewerkschaft der Gemeindebediensteten (GdG) Vorratsbeschlüsse für Kampfmaßnahmen gefasst. Daraufhin - und auch, weil die Zeit drängte, muss der Gehaltsabschluss doch bis zur Plenarsitzung am Mittwoch in ein Gesetz gegossen sein - schaltete sich am Sonntag die Regierungsspitze ein. Geeinigt hat man sich dann kurz vor 9 Uhr abends: Die Gehaltserhöhung von durchschnittlich 2,95 Prozent (also genau die Inflationsrate) für die 220.000 Beamten und Vertragsbediensteten kommt dadurch zustande, dass man für alle Einkommen eine Erhöhung von 2,56 Prozent plus 11,10 Euro vereinbart hat. Damit werden die niedrigsten Einkommen um 3,36 Prozent erhöht, die höchsten hingegen nur um 2,68, was einen Reallohnverlust bedeutet. Rund 60 Prozent der Bediensteten wird aber die Inflation abgegolten. Nach Verhandlungsende zeigten sich alle Beteiligten von Kanzler Werner Faymann bis hin zu GÖD-Chef Fritz Neugebauer zufrieden.

Auch die Kosten für den Staat halten sich mit 280 Millionen Euro in jenen Grenzen, die die Regierung ursprünglich angepeilt hatte (277 Millionen). Die Mehrkosten konnten auch dadurch reduziert werden, dass der Abschluss erst ab 1. Februar und nicht schon ab 1. Jänner 2012 gilt, außerdem wurde die Jubiläumszulage nach 35 Dienstjahren abgeschafft. Für den Chef des Staatsschuldenausschusses, Bernhard Felderer, ist der Abschluss dennoch zu hoch: Der öffentliche Bereich werde sich in Zukunft nicht von den nötigen Einsparungen ausnehmen können, sagte er.

"Ernst der Lage
nicht begriffen"


Auch Ulrich Schuh vom Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria hat "den Eindruck, dass die Zügel wieder locker gelassen werden". Der Lohnabschluss sei vertretbar, aber "ein Zeichen dafür, dass ein Bewusstsein für Zurückhaltung im Öffentlichen Dienst nicht da ist. Da haben einige den Ernst der Lage nicht begriffen. Von europäischer Seite gibt es da sicher wenig Verständnis."

Wenig Verständnis, wenn auch aus anderen Gründen, gibt es auch in Oberösterreich und der Steiermark: In Linz sind am Montag vor Beginn des dreitätigen Budgetlandtags bis zu 4000 Landes- und Gemeindebedienstete auf die Straße gegangen und haben mit Streik gedroht, weil ÖVP, Grüne und FPÖ herbe Einsparungen planen. Konkret wird die Gehaltserhöhung für die 60.000 oberösterreichischen Bediensteten um ein Prozent niedriger ausfallen als der Bundesabschluss. In der Steiermark wird es eine Nulllohnrunde geben. Während dies für die knapp 24.500 Beschäftigen des Landes und der Krankenanstalten bereits fixiert wurde, legen sich nun die 15.000 Gemeindebediensteten quer.

"In letzter Konsequenz
wird es Streik geben"


Derzeit laufe gerade eine Mitgliederbefragung, in letzter Konsequenz werde es Streik geben, hieß es aus der GdG. Dort ist man vor allem erbost darüber, dass die Gemeindebediensteten nicht in die Verhandlungen über die Nulllohnrunde eingebunden waren. Fix mit dem Bundesabschluss mitgehen werden Wien, Niederösterreich und das Burgenland; in Salzburg, Tirol und Vorarlberg wird noch überlegt.

Am Mittwoch steht aber nicht nur der Gehaltsabschluss der Beamten auf der Tagesordnung des Nationalrats, sondern auch eine Novelle des Beamtendienstrechts, die Einsparungen von 4,3 Millionen Euro bringen soll. Eingeführt wird etwa eine "Whistleblower-Regelung": Beamte, die Korruption melden, werden vor Nachteilen geschützt. Für Bedienstete in sensiblen Bereichen wird analog der Konkurrenzklausel in der Privatwirtschaft eine "Cooling-Off"-Phase von sechs Monaten eingeführt. Bereinigt wird das Dienstrecht um eine Skurrilität: Bisher konnten Richter und Staatsanwälte aufgrund von Fehlverhalten in die Frühpension geschickt werden - diese "Disziplinarstrafe" wird nun abgeschafft. Andere Merkwürdigkeiten im Dienstrecht - etwa das ominöse Fußkilometergeld, wenn "mangels eines Beförderungsmittels Wegstrecken von mehr als zwei Kilometern zu Fuß zurückgelegt werden müssen" - bleiben aber erhalten, im konkreten Fall aus ökologischen Gründen.