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Weihnachtsfriedliche Koalition

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

ÖVP begrüßt Frühpensions-Aus bei ÖBB, will aber weiter Maßnahmen.


Wien. Beim letzten Ministerrat in diesem Jahr am Dienstag gab sich die Koalition betont harmonisch, auch oder erst recht in Sachen Budgetkonsolidierung. Zwar betonten beide Seiten ihre bisherigen Standpunkte, man gab sich aber konziliant.

So erklärte etwa Finanzministerin Maria Fekter - angesprochen auf jene SPÖ-Liste mit zahlreichen neuen Steuervorschlägen (deren Umfang je nach Version zwischen 15 und 24 Punkten schwankt): "Ich befasse mich noch nicht mit neuen Steuern, sondern mit dem Sparpaket." SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder wiederum betonte die Notwendigkeit, zum Schuldenabbau - und zum Schließen einer "Gerechtigkeitslücke" - Vermögen stärker zu besteuern.

Soweit die Positionen. Diese sind allerdings nicht mehr so in Erz gegossen, wie es war. So zeigt man sich bei der ÖVP - wenn auch verklausuliert - gesprächsbereit, was neue Steuern angeht. Vizekanzler Michael Spindelegger erklärte: "Zu Beginn von Verhandlungen ist es gut, wenn jeder seinen Standpunkt hat. Wir werden uns mit allen Vorschlägen auseinandersetzen und dann wird es einen Kompromiss geben."

Auf SPÖ-Seite wiederum setzt man nicht mehr ausschließlich auf die Einnahmenseite. Bundeskanzler Werner Faymann ist zuversichtlich, dass man mit "den richtigen Sparvorschlägen, den richtigen Konsolidierungsplänen und den richtigen Investitionen" die "Herausforderungen gut bewältigen" wird. Auch Schieder betont, dass aus der SPÖ nicht nur Steuer-, sondern "sehr wohl auch Sparvorschläge" kommen. "Wir reden nicht nur vom Sparen, wir machen es auch", etwa beim "Durchforsten des Förderdschungels" oder bei den ÖBB.

Bures lehnt ÖVP-Plan

eines Aufnahmestopps ab

Dort hat Verkehrsministerin Doris Bures angekündigt, mit 2012 die Frühpensionen abzuschaffen, was Einsparungen von 35 Millionen Euro jährlich bringen soll. Lob erntete Bures dafür beim Koalitionspartner. Spindelegger sprach von einem "wesentlichen Signal", mit dem "alle Berufsgruppen auf neue Zeiten eingeschworen" würden. Aus Sicht der ÖVP ist es damit bei der Bahn aber noch längst nicht getan.

So sollen Infrastrukturinvestitionen laut einem ÖVP-Papier (siehe Grafik) um 25 Prozent zurückgefahren werden, Kraftwerke, Postbus und ÖBB-Grundstücke verkauft und Nebenbahnen an die Länder übertragen werden, schreibt "Der Standard". Auch von einem Aufnahmestopp ist die Rede. Einen solchen lehnte Bures am Dienstag allerdings ab. Dafür seien die ÖBB als Lehrlingsausbilder zu wichtig.

Auch ÖBB-Chef Christian Kern will von einem Aufnahmestopp nichts wissen, da ansonsten spätestens in anderthalb Jahren der Betrieb in manchen Bereichen nicht mehr sinnvoll aufrechterhalten werden könne, wie er im ORF-Radio sagte.

Bezüglich großer Bahnprojekte erklärte Bures, dass man sich sämtliche Infrastrukturinvestitionen noch einmal anschauen müsse und "jeden Euro fünfmal umdrehen" werde. Zumindest für die Südbahnstrecke mit Semmering- und Koralmtunnel gab Kanzler Faymann nach dem Ministerrat aber eine Art Garantie ab und betonte, dass dort kein Baustopp drohe. Bezüglich des Brenner-Basistunnels erklärte Faymann etwas kryptisch: "Dort wird ja noch nicht gebaut."

Bei der Bahn wird es also noch einiges auszuhandeln geben, wenn die Koalitionspartner ab 27. Dezember wieder die Köpfe zusammenstecken. Bis März will Kanzler Faymann aus den Vorschlägen "herausfiltern, was es für eine Konsolidierung braucht" und ein Paket schnüren. "Schon sehr weit genähert" hat man sich laut Finanzministerin Fekter etwa in den Bereichen Verwaltungsreform, Förderungen und Frühpensionen. Allzu sehr wollten sich die Minister allerdings nicht in die Karten schauen lassen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer: "Wir verhandeln jetzt, dann gibt es ein Ergebnis. Punkt. Ende."

Kopf traf sich wieder

mit FPÖ-Chef Strache

Weiterverhandelt wird auch mit der Opposition in Sachen Schuldenbremse im Verfassungsrang. Faymann erklärte, er werde sich diesbezüglich "in den nächsten Tagen" mit Grünen-Chefin Eva Glawischnig treffen. Schon am Dienstagnachmittag gab es ein Treffen von ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache - sehr zum Unverständnis der SPÖ. Aber sogar diesbezüglich gab sich die Kanzlerpartei am Dienstag duldsam: Nicht dass die ÖVP mit den Freiheitlichen verhandle sei ein Affront, sagte Staatssekretär Schieder, sondern höchstens einzelne Aussagen von Kopf dazu. Dieser hatte der SPÖ ein unehrliches "Ausgrenzungsspiel" vorgeworfen, schließlich sei die FPÖ den Sozialdemokraten als Mehrheitsbeschaffer in Sachen ORF "gut genug gewesen".

Auch BZÖ-Chef Josef Bucher ist auf Kopf nicht mehr gut zu sprechen. Für ihn gelte jetzt nur noch das Wort Spindeleggers, ab jetzt verhandle er nicht mehr auf Klubobmann- sondern auf Parteichefebene. Eine aktuelle Gesprächseinladung an Bucher gibt es allerdings nicht.