Zum Hauptinhalt springen

Experte sieht SPÖ im Gebühren-Zugzwang

Von Bettina Figl

Politik

Hochschulforscher Hans Pechar: "Abkehr von Uni-Autonomie wäre retro."


Wien. Ein Wissenschaftsminister, der für Studiengebühren kämpft. Ein Universitätsrektor, der ein höheres Budget einklagt und Recht bekommt. Ein Gutachten, laut dem die Universitäten selbst über Studiengebühren bestimmen können.

Für die SPÖ sei das sich abzeichnende Ende des freien Hochschulzugangs ein "bedrohliches Szenario", sagt Hochschulexperte Hans Pechar zur "Wiener Zeitung". Er glaubt, Unterrichtsministerin Claudia Schmied habe deshalb mit ihrem Ruf nach weniger Autonomie der Universitäten aufhorchen lassen. Dabei wäre es für die SPÖ "überhaupt kein Verlust, sich vom freien Hochschulzugang zu verabschieden".

Eingiffe in Autonomie

sind indiskutabel

Für Pechar sind Einschnitte in die Autonomie wie etwa der Eingriff in Studienpläne indiskutabel: "Das hatten wir schon, und ich hoffe, dass niemand dieses Retro-Modell ausgräbt." Die Autonomie der Unis wurde 2002 eingeführt, und die Universitätenkonferenz und der Wissenschaftsminister sprechen sich gegen eine Abkehr davon aus: Autonomie habe sich bewährt, sei weit über die Landesgrenzen anerkannt und werde von anderen Ländern nachgeahmt, sagt Karlheinz Töchterle. "Ich habe die Entwicklung von stark von außen gesteuerten zu autonomen Unis hautnah und sehr positiv miterlebt", sagt der Wissenschaftsminister.

Ganz anders reagiert die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH), die dem Vorstoß Schmieds grundsätzlich positiv gegenübersteht. Vor allem die Autonomie der Rektorate will sie diskutieren: "Universitäten sind öffentlich finanziert und haben einen gesellschaftlichen Auftrag. Dass sie wie Betriebe geführt werden, steht damit eindeutig im Widerspruch."

"Retourkutsche" auf Mayer-Gutachten

Dass die Autonomie tatsächlich beschnitten werden könnte, bezweifelt Pechar - dazu bräuchte es eine Mehrheit im Parlament, und diese sei nicht einmal in Schmieds eigener Partei, der SPÖ, gegeben. Er bezeichnet den Vorstoß als "Retourkutsche" auf das Gutachten des Verfassungsrechtlers Heinz Mayer, laut dem die Universitäten ab März 2012 selbst bestimmen können, ob sie Studiengebühren einheben oder nicht. "Aber noch viel bedrohlicher ist für die SPÖ, dass sich die Rektoren immer mehr auf die Hinterbeine stellen", so Pechar.

Zahl der Studierenden sollte in Leistungsvereinbarung

Zur Erinnerung: Christoph Badelt, Rektor der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien, hat heuer ein höheres Budget eingefordert und zusätzliche sechs Millionen Euro zugesprochen bekommen. Grund dafür war, dass die Zahl der Studenten die Studienplätze um das Fünffache überstiegen hatte und er den Zugang nicht beschränken durfte, obwohl dies in der Leistungsvereinbarung verankert war. Pechar sieht darin einen Präzedenzfall, der künftige Leistungsvereinbarungen beeinflussen werde. Und auch Rektor Badelt glaubt: "Die Zahl der Studierenden sollte in der Leistungsvereinbarung festgelegt werden." Inzwischen verlangt auch die Uni Wien die Nachverhandlung der Leistungsvereinbarungen, denn durch die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Regelung für die Studienbeiträge entgehen ihr 2012 sieben Millionen Euro.

Ideal wäre Pechars Ansicht nach ein Hochschulplan, der die Ziele der Unis festlegt, ohne ihnen vorzuschreiben, wie sie diese erreichen sollen. Der Hochschulforscher begrüßt Schmieds Vorschlag, stärker auf Public Governance zu setzen. Auch die ÖH wünscht sich Public Governance, die im Hochschulpan von Minister Töchterle "komplett fehlt".