Zum Hauptinhalt springen

Die FPÖ ist fast schon mit an Bord

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik
Die Jugend darf ran. JVP-Chef Kurz soll für Spindelegger ein Demokratiekonzept erstellen.

ÖVP-Chef Spindelegger lässt Parteijugend Demokratiepaket schnüren.


Wien. Die ÖVP will Ernst machen mit mehr direkter Demokratie. Wie Vizekanzler Michael Spindelegger am Mittwoch erklärte, soll die Junge Volkspartei unter Staatssekretär Sebastian Kurz in den nächsten Monaten ein entsprechendes Konzept entwickeln. Dass er damit der FPÖ entgegenkommen wolle, um die Zustimmung der Freiheitlichen zur Schuldenbremse zu sichern, stellt Spindelegger aber in Abrede. Warum er diese Aufgabe ausgerechnet der Parteijugend überträgt, erklärt der ÖVP-Chef damit, dass junge Leute zwar lokal sehr engagiert seien, aber kein Interesse an Bundespolitik hätten.

Ansetzen will die Volkspartei in vier Bereichen: Beim E-Voting, wo man nach den aufgehobenen ÖH-Wahlen stecken geblieben sei, bei den Volksbegehren, wo die Bürger oft den Eindruck hätten, ihre Unterschrift bewirke nichts, beim Europäischen Volksbegehren, das ab April möglich wird, und beim Wahlrecht, wo Spindelegger das Persönlichkeitselement stärken will. Entsprechende Vorschläge der JVP erwartet der Vizekanzler "im Laufe des Jahres".

JVP-Chef Kurz erklärte, eine neue Form der Politik sei dringend notwendig angesichts ständig steigender Zahlen von "Politikverweigerern". Leider hätten das Teile der Politik noch nicht begriffen "und halten an alten Strukturen fest", etwa mit ihrer Ablehnung des E-Votings.

Vorstellbar ist für die ÖVP etwa eine Stärkung der Persönlichkeitswahl durch eine Senkung der Zahl nötiger Vorzugsstimmen für ein Direktmandat (derzeit ein Sechstel der Stimmen einer Partei im Wahlkreis). Volksbegehren wiederum könnten "in Richtung Initiativrecht der Bürger" gehen, so Spindelegger.

Letzteres geht in Richtung FPÖ-Forderungen. So will FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, dass Volksbegehren ab 250.000 Unterschriften verbindlich zu einer Volksabstimmung führen. Dass das geplante Demokratiepaket ein Angebot an die FPÖ ist, verneint Spindelegger aber: "Wir tun es nicht für andere Parteien, sondern für Österreich."

Interesse an direkter Demokratie kaum ein Zufall

Allerdings ist es kaum ein Zufall, dass die ÖVP gerade jetzt die direkte Demokratie für sich entdeckt, wo die FPÖ das zu einer Bedingung für ihr Ja zur Schuldenbremse macht. Dazu verhandelt ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf mit Strache - und scheint erfolgreich zu sein. So rückt der FPÖ-Chef zunehmend von seiner Forderung nach einer Volksabstimmung über den Euro-Rettungsschirm ab. Mittlerweile kann sich Strache vorstellen, dass nur über "zukünftige Entscheidungen über den Rettungsschirm" eine Volksabstimmung erzwungen werden können soll. Damit wird eine Zustimmung der FPÖ zur Schuldenbremse immer wahrscheinlicher.

Bis diese 2017 aber in Kraft treten kann, muss erst noch das Budget ins Lot gebracht und müssen in den nächsten fünf Jahren insgesamt zehn Milliarden Euro eingespart werden. Hier dementierte Spindelegger am Mittwoch kolportierte Steuerpläne und betonte, dass die ÖVP "keinen Schwenk vollzogen" habe und weiterhin den Haushalt ausgabenseitig konsolidieren will. Auch am angekündigten Aufnahmestopp für Beamte (außer Lehrer und Polizisten) will Spindelegger festhalten, allen Widerständen der ÖVP-geführten Beamtengewerkschaft zum Trotz: "Der Öffentliche Dienst muss seinen Beitrag leisten, auch wenn mich das nicht zum Liebling der GÖD macht." Gleichzeitig erwarte er sich von Bundeskanzler Werner Faymann, dass dieser den rotgeführten Gewerkschaften in Sachen Frühpension entgegentritt.

Wirtschaftsprüfer kritisch zu Vermögenssteuern

Vom Aufnahmestopp im Öffentlichen Dienst (den auch Kanzler Werner Faymann als "Schritt in die richtige Richtung" bezeichnet) verspricht sich Spindelegger 250 Millionen Euro in fünf Jahren. Allerdings braucht es alleine heuer Einsparungen von zwei Milliarden. Die will der ÖVP-Chef über Maßnahmen zur Verwaltungsreform (dazu werde es im Frühjahr einen Gipfel mit den Ländern geben), im Gesundheitsbereich, Kürzungen bei den Förderungen oder einen Deckel bei den Pensionen hereinholen. Sparvorschläge gebe es genug, "man muss sich nur trauen".

Die SPÖ wiederum will den Haushalt vor allem über höhere Steuern für Spitzenverdiener sanieren. So erklärte SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas am Mittwoch, Vermögenssteuern seien gerecht und intelligent. Daher sei die SPÖ gerne schuld daran, wenn ein Budget sinnvoll und friedvoll saniert werde und es dafür keine Massendemos wie in anderen Ländern gebe.

Aus Sicht des Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG ist eine Haushaltskonsolidierung über höhere Vermögens- oder Einkommenssteuern allerdings keine realistische Möglichkeit. Erstens gebe es zu wenige Spitzenverdiener, als dass das signifikant wäre, zweitens würden Vermögenssteuern zu Ausweicheffekten führen. Möglichkeiten sieht die KPMG hingegen in höheren Konsumsteuern, etwa einer Änderung des reduzierten Umsatzsteuersatzes von zehn Prozent.

Demokratieverweigerungals "Wurzel allen Übels"

In Sachen direkter Demokratie brachten sich am Mittwoch auch die Initiatoren des Demokratiebegehrens "meinOE" um Erhard Busek und Johannes Voggenhuber in Erinnerung. Letzterer bezeichnete vor Journalisten die "chronische Verweigerung von Demokratie" als die "Wurzel allen Übels". Hier seien die Bürger gefordert, etwas zu unternehmen. Diese können noch bis 15. Jänner unter www.meinoe.at über die Forderungen der Initiative abstimmen. Erst dann soll der endgültige Text des Volksbegehrens festgelegt werden. Dieses soll dann im Herbst durchgeführt werden.