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Moser will Korruptions-U-Ausschuss mit Telekom starten

Von Katharina Schmidt

Politik

Die grüne Vorsitzende des U-Ausschusses im Interview.


"Wiener Zeitung":Die Aktenlage ist schwierig, der Start hat sich verzögert: Bereuen Sie schon, dass Sie den U-Ausschuss-Vorsitz übernommen haben?

Gabriela Moser: Ich bereue das überhaupt nicht. Mit den Verzögerungen war ja fast zu rechnen. Wenn sie dann eintreten, ist man natürlich enttäuscht - oder empört, je nachdem. Wir haben die eigentliche Wegstrecke ja noch lange vor uns.

Was erwarten Sie sich von der Sitzung der Fraktionsleiter am Donnerstag? Wann wird es die ersten Zeugenladungen geben?

Ich erwarte mir, dass wir uns über den Zeitplan und über die ersten Ladungen verständigen. Außerdem gibt es unter anderem noch ein Resümee über die Aktenlage zu ziehen.

Die Aktenlage ist ja nicht besonders gut.

Es fehlen noch wesentliche Akten. Wir hoffen, dass dieser Tage wieder Einiges geliefert wird.

Können Sie die Telekom oder die öffentlichen Stellen wie zum Beispiel die Oberstaatsanwaltschaft Wien dazu zwingen, die Akten zu übermitteln?

Die Staatsanwaltschaft Wien ist inzwischen sehr kooperativ. Die Übermittlung hat sich nur am Anfang hinausgezögert, dann gab es ein Missverständnis in Bezug auf die Klassifizierung als "geheim", aber das hat sich auch schon geklärt. Die Unterlagen von der Telekom sind noch ausständig. Da will das Unternehmen durch ein Gutachten klären lassen, inwieweit das als börsenotiertes Unternehmen möglich ist. Natürlich hätten wir uns eine Kooperation gewünscht.

Wenn jetzt erst ein Gutachten erstellt wird, kann es erfahrungsgemäß noch lange dauern, bis Sie die Akten bekommen.

Ja, aber viele Akten sind auch Gegenstand der Unterlagen der Staatsanwaltschaft. Es wäre zur Abrundung des Bildes wichtig, auch die Telekom-Unterlagen zu haben. Wenn wir aber nichts von der Telekom bekommen, heißt das nicht, dass wir nichts über die Telekom haben.

Das heißt, sie könnten das erste Beweisthema auch ohne die Unterlagen der Telekom starten. Werden Sie das tun?

Das ist geltende Beschlusslage. Wenn sich diese ändert, dann wird eben mit einem anderen Thema gestartet.

Sie können also dem BZÖ-Vorschlag, mit einem anderen Thema anzufangen, etwas abgewinnen?

Ich verstehe den Vorschlag und ich halte mich an die Beschlusslage, aber meine Präferenz liegt beim Start mit dem Thema Telekom. Um es anders zu machen, wäre ein Mehrheitsbeschluss notwendig.

Karl-Heinz Grasser hat angekündigt, sich der Aussage entschlagen zu wollen. Das war zu erwarten, und es wird sicher nicht der einzige Fall bleiben. War es wirklich sinnvoll, das parlamentarische Untersuchungsverfahren parallel zu den Ermittlungen der Justiz zu starten? Das wird im Endeffekt zulasten des U-Ausschusses sein.

Das finde ich nicht. Wir müssen ja nicht die kriminellen Machenschaften aufklären, das wäre dann tatsächlich eine Parallelaktion. Unsere Hauptaufgabe ist es aber, die politische Verantwortung zu orten. Und das können wir sehr wohl mit Hilfe der Aussagen von Zeugen tun, die sich im Umfeld von Ministern bewegen. Grasser selbst kann ja auch zu Themen befragt werden, in denen es keine strafrechtlichen Verfahren gibt.

Sie glauben also nicht, dass das die Untersuchungen massiv erschwert?

Nein. Es ist vielleicht nicht so öffentlichkeitswirksam. Und für Grasser selbst wird es zur Blamage werden, wenn er dann vor dem Untersuchungsausschuss sitzt und sagt: "Ich sage nichts." Das ist dann ein eklatanter Widerspruch zu seinen ursprünglichen Ankündigungen.

Apropos öffentlichkeitswirksam: Ist es überhaupt noch machbar, die Verfahrensordnung dahingehend zu ändern, dass TV-Übertragungen aus dem U-Ausschuss möglich sind, wie von den Grünen gefordert?

Machbar ist es.

Und glauben Sie, dass Sie das gegen den Willen der ÖVP durchbekommen werden?

Die ÖVP ist ja durchaus offen für das Grundanliegen, es gibt nur einige Bedenken, und die werden wir am Donnerstag besprechen. Wir könnten auch einen Kompromiss finden.

Was für einen Kompromiss?

Darüber wird verhandelt werden. Und Verhandlungen beginnt man nicht mit einem Kompromiss.

In der Vergangenheit sind die U-Ausschuss-Befragungen immer wieder entgleist. Wie wird das dieses Mal sein? Wird Verfahrensanwalt Klaus Hoffmann öfter eingreifen?

Wir versuchen, stark auf den Untersuchungsgegenstand zu fokussieren, damit sich die Ausuferung in möglichst engen Grenzen halten.

Werden Sie auch Peter Pilz dazu bringen?

Pilz ist ein Abgeordneter wie viele andere und er hält sich an die Verfahrensordnung wie viele andere.

Zum Schluss noch ein wenig Kaffeesud-Leserei: Wann wird der U-Ausschuss abgeschlossen sein und welches Ergebnis erwarten Sie sich?

Der U-Ausschuss ist abgeschlossen, wenn der Untersuchungsauftrag erschöpft ist. Wann das sein wird, kann ich jetzt nicht sagen, da würde ich meinen Kollegen vorgreifen. Die Deadline ist der Neuwahltermin (U-Ausschüsse verfallen mit Ende der Legislaturperiode und müssen nach der Wahl neu eingesetzt werden, Anm.). Das Ergebnis sieht man jetzt schon. Wir haben zum Beispiel das Medien-Transparenzgesetz gegen die Auswüchse bei Inseraten bereits vor Weihnachten im Parlament beschlossen, und es wird sicherlich noch die eine oder andere Reform geben. So haben wir auch das Antikorruptionspaket bereits geschnürt und sind auch in Sachen Transparenz bei der Parteienfinanzierung in Warteposition.

Aber wir warten schon lange.

Dieser U-Ausschuss hat den größten Umfang der Zweiten Republik.

Apropos Umfang: Der Innenministeriumsausschuss ist uns allen noch in schrecklicher Erinnerung. Dort gab es auch einen riesigen Themenumfang. Hat man denn daraus nichts gelernt?

Das müssen Sie die Parteien fragen, die den Beschluss ausgearbeitet haben. Das Problem liegt darin, dass zu wenige U-Ausschüsse stattfinden. Und dadurch entsteht ein Stau von Korruptionsfällen, der der Aufarbeitung harrt. Und das liegt daran, dass die Einsetzung eines U-Ausschuss kein Minderheitenrecht ist und immer erst massiver Druck ausgeübt werden muss, damit überhaupt ein U-Ausschuss eingerichtet wird.

Gabriela Moser wurde
1954 in Linz geboren. Die AHS-Lehrerin hat Geschichte und Germanistik
studiert. Seit 1997 sitzt sie durchgängig für die Grünen im Nationalrat,
derzeit als Verkehr- und Telekommunikationssprecherin. Ihre Recherchen
zur Telekom waren die Grundlage für die Einsetzung des
Korruptionsuntersuchungsausschusses, zu dessen Vorsitzender Moser nach
anfänglichem Widerstand - vor allem aus der ÖVP - gewählt wurde.