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Im Zweifel lieber Ländersache

Von Walter Hämmerle

Politik

Wallner gegen Pauschalkritik an Ländern, für Ländertopf bei Gesundheit.


"Wiener Zeitung": Wie konkret wurde bei Ihrem Treffen mit Bundeskanzler Faymann am Donnerstag über Sparmaßnahmen gesprochen, die die Länder betreffen?Markus Wallner: Das Treffen war in erster Linie ein Antrittsbesuch. Natürlich wurden auch Grundsatzpositionen ausgetauscht. Ich habe dabei die Wichtigkeit guter Kooperation zwischen Bund und Ländern betont, aber auch klargemacht, dass aus Sicht Vorarlbergs nicht einseitig an Länderkompetenzen gerüttelt werden darf. Was die Sparbemühungen angeht, so taugt Vorarlberg - was die Budget- und Schuldenpolitik angeht - sicher zum Vorbild, aktuelle Details zu geplanten Maßnahmen waren aber kein Thema.

Die Bundes-ÖVP will die Sanierung des Staatshaushalts am liebsten ohne zusätzliche Einnahmen bewerkstelligen. Ist das aus Ihrer Sicht möglich?

Ich will und kann das zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilen. Zentral ist, dass - bevor überhaupt über neue Einnahmen gesprochen wird - alle Sparpotenziale ausgelotet werden. Manche drehen diese Reihenfolge gerne um.

Aus Sicht der Bundespolitik und vieler Experten ist der heimische Föderalismus ein ineffizientes Milliardengrab für Steuergelder.

Vorarlberg ist für eine solche pauschale Kritik sicher die falsche Adresse, wir wirtschaften nicht auf Kosten der nächsten Generation. Ich trete für einen gesunden Föderalismus ein, bei dem es um die besseren Ideen für die Bürger geht. Hier bieten kleinere Organisationseinheiten die besseren und auch kostengünstigeren Lösungen. Persönlich kenne ich kein Beispiel, wo eine zentrale Lösung billiger und bürgernäher funktioniert.

Das Problem ist allerdings, dass nicht jedes Land so sparsam wirtschaftet, hier existiert ein klares West-Ostgefälle mit südlichem Ausschlag. Sollte es nicht für schwarze Schafe unter den Ländern Konsequenzen geben?

Jeder ist für seinen Verantwortungsbereich verantwortlich, daher muss ich für Vorarlberg die Möglichkeit eines direkten Eingriffsrechts des Bundes in die Budgethoheit des Landes ablehnen. Es stimmt, dass nicht in jedem Bundesland überall gleich auf Sparsamkeit und Effizienz geachtet wird, direkte Eingriffe sind aber sicher nicht durchsetzbar.

Wo sehen Sie denn Sparpotenziale im heimischen Föderalismus?

Die Länder haben 300 konkrete Vorschläge zur Bereinigung des Kompetenzdschungels gemacht. So könnten etwa Agenden der unmittelbaren Bundesverwaltung zur Landesverwaltung verlagert werden - inklusive Finanzierung natürlich. Hier ist zuletzt wenig in den Gesprächen mit den Ministerien weitergegangen, der Kanzler hat nun zugesagt, sich darum kümmern zu wollen.

Und wo sollten sinnvollerweise Kompetenzen der Länder zum Bund wandern? Etwa bei den Spitälern?

Eine zentrale Gesetzgebung bei den Spitälern, wie es Gesundheitsminister Stöger anstrebt, ist sicher der falsche Zugang. Ich halte das sogar für ein reines Ablenkungsmanöver, da der Bund ja ohnehin bereits über die Grundsatzgesetzgebung verfügt und die Länder hier lediglich eine Ausführungsgesetzgebung haben. Jeder, der sich mit diesem Bereich beschäftigt, weiß, dass es viel wichtiger wäre, endlich eine gemeinsame Finanzierung aus einem Topf für die Spitäler und den niedergelassenen Bereich zu schaffen. Wenn das auf Bundesebene nicht durchsetzbar ist, dann sollte das auf Länderebene angegangen werden. Der einheitliche Finanzierungstopf wäre dann eben ein Ländertopf.

Was geschieht ÖVP-intern, sollte Obmann Spindelegger sein Ziel, die Budgetsanierung großteils ausgabenseitig zu bewerkstelligen nicht gelingt?

Wir werden erst am Ende beurteilen können, wie groß die realistischerweise zu verwirklichenden Sparmöglichkeiten überhaupt sind. Wir dürfen nicht vergessen, dass bestimmte Gruppen nicht noch stärker belastet werden dürfen. Bei den Familien etwa sollte es, wenn es nach mir geht, zu gar keinen Kürzungen kommen; die haben es ohnehin schon schwer genug.

Und Vermögenssteuern?

Alle Vorschläge, die an die Substanz gehen, halte ich für problematisch. In Vorarlberg haben wir mehr Grundbesitzer als Haushalte, das zeigt schon die Dimension der Zahl der Betroffenen an.

Sie übernahmen Anfang Dezember Ihr Amt von Herbert Sausgruber. Wie war der Start?

Turbulent, die Zeit der Übergabe war, nicht zuletzt bedingt durch die Feiertage, sehr kurz. Und es gibt genug zu tun.

Zur Person
Markus Wallner,geboren 1967, ist seit 7. Dezember 2011 Vorarlberger Landeshauptmann. Der studierte Politologe und Historiker ist auch geschäftsführender Obmann der Landes-ÖVP, die bei den Wahlen 2009 einen Stimmenanteil von 50,8 Prozent erhielt.