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Grenznahes Atommüll-Lager geplant

Von Petra Tempfer

Politik

Beim Atomkraftwerk Bohunice in der Slowakei soll ein Zwischenlager entstehen.


Wien/Bratislava. Von Wien wäre es nur 120 Kilometer Luftlinie weit entfernt, von der burgenländischen Grenze 60: das Lager für Atommüll, das laut Kundmachung in der "Wiener Zeitung" vom Dienstag in Jaslovské Bohunice in der Slowakei errichtet werden soll. Konkret geht es um die Zwischenlagerung fester, radioaktiver Abfälle wie gebrauchter Brennstäbe, die bei den zwei Reaktorblöcken des Atomkraftwerks (AKW) in Bohunice entstehen. Projektwerber ist ein Unternehmen mit Sitz in Bratislava, zuständige Behörde das slowakische Umweltministerium. Die Umweltverträglichkeitsprüfung startete bereits - sie wird laut Kundmachung "nach slowakischem Recht unter Beteiligung Österreichs" durchgeführt. Auch die angrenzenden Länder wurden am Dienstag gefragt, ob sie sich zu Wort melden wollen.

"Natürlich wollen wir das - wir müssen in den Entscheidungsprozess miteinbezogen werden", sagt die Sprecherin der burgenländischen Landesrätin Verena Dunst, die für den Strahlenschutz zuständig ist. Das Burgenland stehe dem Plan kritisch gegenüber. "Ist das Lager aus technischer Sicht zu riskant, sind wir dagegen." Ganz anders reagiert das Lebensministerium auf die Anfrage der "Wiener Zeitung" - und beschwichtigt. "Es handelt sich ja nur um ein Zwischenlager mit schwach- bis mittelaktiven Substanzen. Unsere Experten werden das im Auge behalten", heißt es.

Tatsache ist laut der grünen Umweltsprecherin Christiane Brunner allerdings, dass Zwischenlager oft zu Endlagern werden. Die Slowakei suche bereits seit langem nach einem Endlager - erfolglos. Dass das AKW so nah an Österreich liegt, sei typisch: "Die Betroffenen schauen immer, dass sie Atomkraftwerke und den Müll an der Landesgrenze deponieren. Österreich hat sich zwar von der Atomkraft distanziert - ist aber dennoch betroffen." Neben Bohunice sind in der Slowakei zwei AKW-Blöcke in Mochovce aktiv, wo bis 2013 zwei weitere Blöcke fertig sein sollen.

Wasser als Gefahrenquelle

Es ist vor allem das Grundwasser, über das der grenznah abgelagerte, radioaktive Müll zum Problem für Österreich werden könnte. "Wasser dringt überall ein und verbreitet die aufgenommenen Stoffe", erklärt Patricia Lorenz von der Umweltschutzorganisation "Global 2000". Dass das Lager in Bohunice ein längerfristiges wird, glaubt auch sie. Habe sich doch nach dem Nuklearunglück in Fukushima in Japan im März 2011 das Endlager-Suchprogramm in vielen Ländern um Jahre verschoben. Der Protest wäre zurzeit zu groß.

Hinter vorgehaltener Hand seien in der Slowakei dennoch schon Endlager im Gespräch: zwei Ortschaften östlich von Banská Bystrica, etwa 25 Kilometer nördlich der ungarischen Grenze und rund 260 Kilometer von Wien entfernt. Beides seien Roma-Dörfer. "Weil hier mit dem geringsten Widerstand zu rechnen ist."