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"BZÖ könnte ein Problem haben"

Von Christoph Rella und Christian Rösner

Politik

Die Telekom-Affäre zieht immer weitere Kreise: Nun sind ÖVP-Mails aufgetaucht.


Wien. Die Affäre um enorme Geldflüsse von der teilstaatlichen Telekom Austria an Parteien zieht immer weitere Kreise. Im Korruptions-U-Ausschuss am Mittwoch hat eine weitere Werberin bestätigt, Scheinrechnungen für den BZÖ-Wahlkampf an die Telekom geschickt zu haben. In Summe soll für den BZÖ-Wahlkampf 2006 fast eine Million Euro geflossen sein. Aber nicht nur beim BZÖ soll sich die Telekom großzügig gezeigt haben. Auch die ÖVP sei reich bedacht worden, wie "News" am Mittwoch berichtete.

Für die frühere BZÖ-Justizministerin Karin Gastinger klang damals das Angebot von Jörg Haider nicht schlecht: "Es hat geheißen, dass ich dem BZÖ Stimmen bringen könnte und die Chancen für meine Wiederwahl gut stünden", berichtete Gastinger am Mittwoch im U-Ausschuss. Dass das Geld für ihren Vorzugsstimmenwahlkampf - es geht um 240.000 Euro - von der Telekom Austria stammte, will die Ex-Ministerin nicht gewusst haben: "Mir wurde von meinem Pressesprecher Christoph Pöchinger vermittelt, dass es ein kleines Budget vom BZÖ gibt", betonte die Ex-Ministerin. Woher das Geld kam, habe sie nicht hinterfragt: "Ich hatte da nie einen Verdacht, dass da etwas illegal wäre." Aber vielleicht sei sie in der Sache "blauäugig" gewesen, sagte sie.

Pöchinger wiederum hatte am Mittwoch unter Wahrheitspflicht ausgesagt, mindestens 100.000 Euro von dem für die Geldbeschaffung zuständigen BZÖ-Abgeordneten Klaus Wittauer erhalten zu haben. Dass die Summe von der Telekom stammte, habe er erst viel später erfahren, erklärte er. Und zwar von der ebenfalls befragten BZÖ-nahen Parteiwerberin Tina Haslinger: Sie hatte im Ausschuss zugegeben, Scheinrechnungen an die Telekom ausgestellt zu haben. Brisantes Detail: Auftraggeber sei Pöchinger selbst gewesen, behauptete Hahslinger. Pöchinger bestreitet das.

Hat ÖVP mitgemischt?

Ebenfalls nichts wissen will Pöchinger von angeblichen Inseraten-Schaltungen durch die ÖVP-nahe Werbeagentur Mediaselect für die Justizministerin. Hintergrund: Gastinger war noch im Wahlkampf am 25. September 2006 zurückgetreten. Sie sei mit der ausländerfeindlichen Linie des BZÖ unzufrieden gewesen, gab sie zu Protokoll. Dennoch wurde kurz darauf von Mediaselect in einer Zeitung ein Inserat "unabhängiger Juristen" für die nunmehr "unabhängige Kandidatin Karin Gastinger" geschaltet. Die Frage nach dem Warum und woher das Geld dafür kam, konnte keiner beantworten. Der grüne Abgeordnete Peter Pilz vermutet dahinter eine Vorleistung der ÖVP für den damals diskutierten, aber nicht durchgeführten Wechsel der bekannten Ex-Orangen ins Team von Wolfgang Schüssel. Bezahlt worden sei die Anzeige von der Telekom, so Pilz.

Unterstützt wird diese Vermutung übrigens von unzähligen E-Mails des Telekom-Managements, die "News" am Mittwoch veröffentlicht hat. Daraus geht hervor, dass es Spendenzusagen an die ÖVP-Bundespartei, Sponsorverträge mit ÖVP-Vorfeldorganisationen, Sponsoring von ÖVP-Bundesparteitagen, Gefallen für ÖVP-Politiker und deren Kinder, sowie Luxus-Urlaube auf Telekom-Kosten für ehemalige ÖVP-Größen und Gelder für die Christgewerkschaft gegeben haben soll. ÖVP-Generalsekretär Johannes Rauch dementierte umgehend: "In den Büchern der ÖVP sind keine Zahlungen der Telekom zu finden."

Konsequenzen noch unklar

Welche strafrechtlichen Konsequenzen das Ganze nach ziehen könnte, ist noch nicht ganz klar. "Wenn das Unternehmen geschädigt wurde, dann handelt es sich um ein Vermögensdelikt. Wenn das Unternehmen etwas davon hatte, dann ist es Bestechung", erklärte der Strafrechtsexperte Helmut Fuchs. Aber in beiden Fällen müssten die Beschuldigten nach einer Verurteilung bezahlen - bei einem Vermögensdelikt an die Telekom, bei Bestechung an den Staat, meint Fuchs. "Zumindest das BZÖ könnte ein ernst zu nehmendes Problem haben. Wenn man draufkommen würde, dass es strafbar Geld bekommen hat, dann ist nämlich fraglich, ob es das überhaupt zurückzahlen könnte", erklärte dazu der Politologe Hubert Sickinger.

Heute, Donnerstag, ist Telekom-Boss Hannes Ametsreiter als Zeuge im U-Ausschuss geladen.