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Und jetzt tief atmen und im Kreis drehen

Von Bettina Figl

Politik

Der Wiener Lesetest hält dieser Tage wieder an Wiens Pflichtschulen Einzug.


Wien. 40 Minuten Texte über das Weltall, Indianer und Grillen lesen, anschließend Verständnisfragen ankreuzen. Unterbrochen wird der Lesetest durch drei Minuten, in denen die Kinder auf Anordnung hüpfen, tief atmen und sich um die eigene Achse drehen sollen.

Während die 15.651 Hauptschüler der 8. Schulstufe am Donnerstag ihre Lesefertigkeiten unter Beweis stellen, haben 14.829 Volksschüler dies bereits hinter sich. Sie nahmen am Mittwoch an dem Test teil, der heuer zum zweiten Mal in Wien flächendeckend durchgeführt wurde.

"Es hat besser funktioniert als im vorigen Jahr", ist aus Lehrerkreisen zu hören. Im Vorjahr hatten einige Volksschullehrer Zeitpunkt und Durchführung des Tests massiv kritisiert: Die letzte Schulstufe sei zu spät, um noch etwas gegen Leseschwächen tun zu können. Außerdem wurde befürchtet, weiterführende Schulen könnten sich bei der Aufnahme von Schülern womöglich an deren Testergebnissen orientieren.

In diesem Jahr wussten die Lehrer, was auf sie zukommt und konnten mit den Kindern entsprechend üben. Doch reibungslos war der Ablauf auch heuer nicht: Zu wenige Tests oder schwer aufzubekommende Stiftkapseln sorgten dafür, dass der Test kaum in einer 50 Minuten langen Unterrichtsstunde zu bewältigen war.

Im Vorjahr war das Ergebnis des Tests miserabel: Jeder vierte Zehnjährige war ein "Risikoschüler", unter den 14-Jährigen befanden sich zehn Prozent "extrem schwache Leser". Doch der Test sei "viel zu schwach konstruiert, um diagnostisch tauglich zu sein", kritisierte etwa Bildungsexperte Stefan Hopmann von der Universität Wien. Die Testergebnisse 2012 werden im Mai vorliegen und den Schülern persönlich übermittelt - auch das nennt Hopmann eine "Sauerei" und "ethisch nicht vertretbar": "Man schickt ihnen Ergebnisse mit einer Erläuterung, die 80 Prozent der Eltern gar nicht verstehen. Alles, was sie mitbekommen, ist: ,Mein Kind ist reichlich blöd."