Wien. Das hat es so noch nicht gegeben. In der Österreichischen Hochschülerschaft, wo man ja prinzipiell im Umgang miteinander nicht gerade zimperlich ist, hat die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft (AG) am Freitag doch tatsächlich Angelika Gruber vom Verband Sozialistischer Studenten (VSStÖ) als neue ÖH-Vorsitzende gefordert. Und das, obwohl die AG seit Jahren in der Opposition sitzt und sonst eigentlich nicht müde wird, die Exekutive (also die Regierung) zu kritisieren.

Was die Aktionsgemeinschaft zu dieser Forderung veranlasst hat, ist schnell erklärt: Janine Wulz von den Grünen und Alternativen Studenten (Gras), die derzeit an der Spitze der ÖH-Exekutive steht, wird im Zusammenhang mit dem umstrittenen Café Rosa kritisiert. Das Kaffeehaus auf der Währinger Straße wurde von der Hochschülerschaft der Uni Wien gegründet, als Wulz dort im Wirtschaftsreferat tätig war. Die Studenten dürften mit der Geschäftsführung des Lokals aber überfordert gewesen sein, denn erst vor kurzem wurde bekannt, dass das Café, das von der ÖH mit 450.000 Euro finanziert wurde, in massiven finanziellen Schwierigkeiten steckt. Weil die Umsätze niedriger waren als erwartet, sucht die ÖH derzeit einen Pächter und will sich nur noch um die inhaltliche Bespielung des Lokals kümmern.

Notbremse vor Finanzdebakel

Bis dahin gelten eingeschränkte Öffnungszeiten, anstelle von Personal arbeiten ÖH-Mitarbeiter unentgeltlich im Lokal. Damit hat die ÖH bereits die Notbremse gezogen, eine Weiterführung in der bisherigen Form hätte für heuer 86.000 Euro Verlust bedeutet.

Eine Steilvorlage für die Kritik der Aktionsgemeinschaft, die der Wiener Universitätsvertretung nun unter anderem vorwirft, dass man mit der Gründung eines Betreibervereins die ansonsten notwendige Genehmigung durch das Wissenschaftsministerium umgangen habe. Außerdem sei die AG zu spät über das Projekt informiert worden.

"Der teuerste
Toaster der Welt"

Bei der Umsetzung des Projekts ortet AG-Klubsprecher Martin Brenner "verfehlte Investitionen", etwa 165.000 Euro "Ablöse für die Küche", obwohl dort mangels Betriebsanlagengenehmigung nicht gekocht werden darf. "Das ist der teuerste Toaster der Welt." Auch die Maklerprovision, die Umbaukosten und die Gehälter für die Mitarbeiter seien zu hoch. Zudem seien die Investitionen im Falle einer Auflösung des Betreibervereins für die Studenten verloren, da laut Vereinsstatuten das Geld an einen ähnlichen Verein oder ein Sozialprojekt gehen muss.

Wulz habe bei alldem im Hintergrund die Fäden gezogen. Außerdem habe sie die Öffentlichkeit angelogen und behauptet, sie habe mit dem Café nichts mehr zu tun, obwohl sie noch immer Kassierin des Vereins ist. "Eine Person mit dieser Vergangenheit und diesem Register an offenen Fragen" dürfe die ÖH nicht repräsentieren, so Brenner.

Als "kleineres Übel" will die AG nun Gruber, die derzeit zwar Mitglied der Exekutive, aber nicht Vorsitzende ist, in diese Position hieven. Und zwar mit Hilfe des im Hochschülerschaftsgesetz vorgesehenen Instruments einer "Abwahl durch Neuwahl". Dazu wurde am Freitag im Studierendenparlament ein Antrag auf eine Sondersitzung der Bundesvertretung eingebracht, bei der dann die Neuwahl erfolgen sollte. Die Chancen, dass sich die AG durchsetzt, sind freilich verschwindend gering: Die Neuwahl müsste mit absoluter Mehrheit erfolgen - die AG hat derzeit nur 23 von 96 Mandaten. Und die breite Koalition aus Gras, VSStÖ, Fachschaftslisten (FLÖ) und Fraktion Engagierter Studierender (Fest) steht hinter ihrer ÖH-Chefin. Auch laut Gruber wird es jetzt keinen Wechsel geben. Wie vereinbart, übernimmt im Sommer aber Martin Schott (FLÖ) den Posten.