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Mehr Geld für Frühförderung

Von Katharina Schmidt

Politik
Niederschwellig: Die Betreuerinnen von Hippy suchen ihre Klientinnen auf der Straße.
© © www.hippy.at

Staatssekretär Kurz fördert Ausbau der aufsuchenden Integrationsarbeit.


Wien. Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Oder: Bei early childhood interventions liegt der return on investment bei 1:10. Heißt im - weder abgedroschenen noch neudeutschen - Klartext: Je früher man mit Integrationsmaßnahmen ansetzt, desto eher können sie wirken - frühkindliche Maßnahmen bringen gar zehn Mal mehr als sie kosten.

Ein Projekt, das sich diese Erkenntnis zunutze macht, ist das Ende der 1960er Jahre in Israel entwickelte "Hippy"-Programm, das es seit 2007 auch in Wien gibt. Und hier wird es noch einmal kompliziert: Die Abkürzung steht für "Home Instruction for Parents of Preschool Youngsters". Das Projekt an sich ist aber schnell erklärt: Es geht darum, Eltern aus niedrigen sozioökonomischen Schichten durch Hausbesuche und niederschwellige Hilfestellung in die Lage zu versetzen, gemeinsam mit ihren Kindern zu lernen und sie an (Schul-)Bildung heranzuführen.

Betreuerinnen haben selbst eine Migrationsgeschichte

Die Eltern - meist Mütter - werden von Betreuerinnen direkt in ihrer Wohngegend oder im Kindergarten "angeworben". Liesl Frankl vom Trägerverein "beratungsgruppe.at" spricht in diesem Zusammenhang scherzhaft von "auflauernder Sozialarbeit". Dazu passt auch, dass die Betreuerinnen nicht über eine Sozialarbeit-Ausbildung verfügen müssen - ein Kriterium ist viel eher, dass sie aus der Migrantengruppe kommen und so leichter das Vertrauen der Mütter gewinnen können. Allerdings durchlaufen die Frauen, die oft selbst frühere Klientinnen sind, eine intensive Schulung durch den Trägerverein.

Denn "Hippy" folgt einem Lehrplan: Mit umfangreichen Unterlagen zu verschiedensten Themen, Bastelmaterial und Experimenten lernen die Kinder spielerisch die Lust am Lernen - und die Eltern gleich mit. So erzählt Frankl etwa von einer Mutter, die weder lesen noch schreiben konnte und nur gebrochen Deutsch sprach. Durch "Hippy" kam sie auf den Geschmack und belegte einen Alphabetisierungs-, später auch einen Deutschkurs. "Heute spricht sie besser Deutsch als Türkisch."

Kettenreaktion durch Motivationsschub

Überhaupt setze "Hippy" oft Kettenrektionen in Gang: "Wenn in einer Klasse ein bis zwei Hippy-Kinder sind, steigt gleich das Niveau insgesamt, weil diese Kinder eine wahnsinnige Lernfreude entwickeln und die anderen mitreißen"; sagt Frankl.

Auch Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz zeigte sich am Dienstag begeistert. Es sei das einzige Programm, "mit dem wir an Familien herankommen, die wir sonst gar nicht mehr erreichen". Im Rahmen von "Hippy" werden derzeit in acht Wiener Bezirken und in Graz rund 110 Familien betreut, die Finanzierung läuft über den Europäischen Integrationsfonds und den Bund. Kurz, dem 2012 ein Förderbudget von 10,8 Millionen Euro zur Verfügung steht, will heuer den Ausbau des Programms mit 200.000 Euro fördern. Laut Frankl können damit 150 zusätzliche Betreuungsplätze in Niederösterreich, Kärnten, der Steiermark, Salzburg und Tirol geschaffen werden. Sie hofft auf eine dauerhafte Förderung des Programms - dem kann man im Ressort von Kurz durchaus etwas abgewinnen.