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Ein Test mehr für Wien

Von Bettina Figl

Politik
Über Stärken und Schwächen der Jugendlichen soll das Projekt "Talente-Scan Berufsausbildung" Auskunft geben.

Der "Talente-Scan" der WKO soll Schülern und Wirtschaft weiterhelfen.


Wien. Erst Pisa, dann Lesetest und ab dem Schuljahr 2013/2014 der Talente-Scan: So heißt der neue standardisierte Test, der bald auf die Wiener Schüler zukommt. Dieser soll Schülern ihre Stärken und Schwächen aufzeigen und die Wirtschaft darüber informieren, "wo Wiens Jugendliche stehen", so Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl bei einer Pressekonferenz am Freitag.

Bereits im September werden in einem Pilotprojekt etwa Zahlengefühl und Konzentrationsvermögen von rund 2000 Schülern an 22 Wiener Mittelschulen geprüft. Ab dem darauf folgenden Schuljahr ist der Test für 16.000 Schüler der 8. Schulstufe verpflichtend. Fällt das Ergebnis schlecht aus, kann man zwei weitere Male antreten. Das Testergebnis bekommen die Schule und der Schüler zu sehen - ob er es bei der Bewerbung für eine Lehrstelle herzeigt, bleibt ihm überlassen.

Bildungsexperten und Lehrergewerkschafter begrüßen den Test, wie ein Rundruf der "Wiener Zeitung" zeigt. "Es ist eine gute Idee, am Ende der Schulpflicht zu überprüfen, ob die Basis da ist", sagt Ex-Direktorin Christa Koenne. Sie bewertet das - im Gegensatz zu Pisa - individuelle Feedback für Schüler als positiv. Und durch die Prüfung von Außen würde sich die Kultur im Klassenzimmer ändern: Denn wenn nicht der Lehrer benotet, werde er zum Coach.

Der Test sollte mit anderen Tests abgestimmt werden, regt Bildungsforscher Roland Fischer an. Aus dem Stadtschulrat heißt es allerdings, dass mit dem Bundesinstitut bifie, das für den Wiener Lesetest zuständig ist, nicht kooperiert wurde. "Die Testfragen müssen didaktisch diskutiert, und von Lehrern und Schülern weiterentwickelt werden", so Fischer. Auch Paul Kimberger, Chef der Pflichtschullehrergewerkschaft, sagt, aus dem Pilotprojekt müsse man Rückschlüsse ziehen. Er erwartet sich durch die computerbasierte Auswertung kaum Mehraufwand für Lehrer.

"Österreich hat die jüngsten Lehrlinge der Welt"

Arthur Schneeberger vom Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (IBW) pocht darauf, auch Strukturen zu prüfen, und rät einmal mehr dazu, die Schulpflicht zu verlängern. Denn Österreich habe "weltweit die jüngsten Lehrlinge", so der Qualifikationsforscher. "In Deutschland ist man 19 Jahre alt, wenn man eine Lehre antritt."

Und was sagen die Schüler dazu? Jim Lefebre von der VP-nahen Schülerunion befürwortet, dass die Testergebnisse nicht als Aufnahmekriterium für weiterführende Schulen herangezogen werden und dadurch kein zusätzlicher Druck für Schüler entstehe. Ganz anders sieht das Camila Garfias, Landesvorsitzende der SP-nahen Aktion Kritischer Schüler Wien: "Wir lehnen es prinzipiell ab, dass Bildung auf wirtschaftlichen Interessen fußt." Sie sagt, ein einstündiger Test sei ungeeignet, um Fähigkeiten und Begabungen eines Menschen festzustellen. Positiv bewertet sie, dass die Ergebnisse nicht im Zeugnis vermerkt werden und so nicht zu mehr Leistungsdruck führen.

Das Projekt "Talente-Scan Berufsbildung" wurde von der Wirtschaftskammer (WKO) Wien finanziert und gemeinsam mit dem Wiener Stadtschulrat organisiert. Die Kosten belaufen sich auf 50.000 Euro, pro Jahr kommen für die Durchführung zwischen 5000 und 10.000 Euro hinzu, so ein Sprecher der WKO zur "Wiener Zeitung". Der Test wurde vom IBW entwickelt, das der Wirtschaftskammer unterstellt ist.