
Wien. (rös) Beim dritten Atomstromgipfel zwischen Umweltorganisationen, Energiewirtschaft und Bundesregierung am Montag ist man endlich handelseins geworden: Österreichs Stromkunden werden künftig genau feststellen können, ob sie Atomstrom beziehen, sagte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner.
Derzeit beträgt der Atomstromanteil im österreichischen Netz rechnerisch knapp 4 Prozent. Ursprüngliches Ziel war es, dass Österreich ab dem Jahr 2014 mehr Strom exportiert als einführt, womit es laut Stromhandelsbilanz "atomstromfrei" wäre. Allerdings eben nur rechnerisch. Und das war den Umweltschützern zu wenig. Deswegen habe man "die unterschiedlichen Expertisen auf den Tisch gelegt und einen Kompromiss herausgearbeitet", erklärte Global-2000-Geschäftsführer Klaus Kastenhofer der "Wiener Zeitung".
Die konkreten Beschlüsse des Atomstromgipfels:
- Die gesetzliche Verpflichtung zur vollständigen Stromkennzeichnung kommt mit 1. Jänner 2015. Die Versorgung der Kunden mit Strom unbekannter Herkunft (derzeit noch 14,7 Prozent und davon 26 Prozent Atomstrom) wird untersagt.
- Die Energieversorgungsunternehmen (EVU) verpflichten sich, für die Endkundenversorgung auf den Bezug von Atomstrom zu verzichten.
- Es wird ein "Atomstromfrei-Gütesiegel" geschaffen, womit die EVU den Kunden zeigen können, keinerlei Atomstrom zu liefern oder zu verwenden.
"Wir gehen davon aus, dass kein Unternehmen in Österreich mit Atomstrom beliefert werden und somit Handlanger der Atomlobby sein möchte", erklärten Kastenhofer und Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit.
Freie Wahl der Energiequelle
Das von den NGOs geforderte Atomstrom-Importverbot wird es aber nicht geben, betonte Mitterlehner. Das sei EU-rechtlich gar nicht möglich, weil es dem Prinzip des freien Warenverkehrs widerspreche. Die NGOs sehen das natürlich anders – "immerhin gibt es innerhalb der EU die freie Wahl der Energiequelle", so Kastenhofer. Allerdings sei man mit dem nun erzielten Kompromiss sehr zufrieden, wie er betonte. Nun wolle man daran arbeiten, "dass andere Staaten unserem Beispiel folgen", so Kastenhofer: In einem offenen Brief an Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger fordern die Umweltschützer daher die Regierung auf, die Nachbarländer Tschechien und Slowakei wegen der Atomkraftwerke Temelín und Mochovce zu verklagen.
Und für Faymann, der sich ebenfalls sehr zufrieden mit dem Verhandlungsergebnis zeigte, ist das Thema erst vom Tisch, wenn ab 2015 die Regelungen in Kraft treten und der Vorwurf entkräftet wird, dass Österreich zwar keinen Atomstrom erzeuge, ihn jedoch importiere, so Faymann.