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Werte statt Wissen

Von cra

Politik

Kritik von SOS Mitmensch: Sozial Schwache von politischen Rechten auszuschließen keine Integrationspolitik


Wien. Der Staatsbürgerschaftstest wird im Auftrag des Integrationsstaatssekretariats bis Jahresende überarbeitet. Künftig sollen mehr die Werte, weniger die Wissensfragen im Vordergrund stehen. Die Neugestaltung des Tests ist ein Punkt in der von Staatssekretär Sebastian Kurz angekündigten generellen Neuaufstellung des Integrationsprozesses - vom Erstkontakt bei der Botschaft im Ausland bis zur Einbürgerung in Österreich. Wer Österreicher werden will, muss derzeit "unnötiges Fakten-Wissen beweisen", sagt sich Kurz in der Gratis-Zeitung "heute".

Zur Vermittlung österreichischer Werte sollen künftige Zuwanderer bereits im Herkunftsland beim ersten Kontakt an der Botschaft "Rot-Weiß-Rot-Fibeln" erhalten. Auch sie sollen noch in diesem Jahr vom unabhängigen Expertenrat fertig erstellt werden.

Bewerber müssen weiterhin unbescholten sein, sich selbst erhalten können und eine Deutsch-Prüfung abgelegt haben. Wer zu wenig verdient oder zwischenzeitlich Sozialhilfe in Anspruch genommen hat, soll keine Chance auf die österreichische Staatsbürgerschaft haben. Der mindestens zehnjährigen Aufenthalt in Österreich ist für Kurz verhandelbar, denn: "Sprachkenntnisse sind wichtiger als die Aufenthaltsdauer."

Kurz auf "Integrationsabwegen"

An den weiteren Aussagen von Integrationsstaatsekretär Kurz, wonach sozial Schwache weiterhin von der österreichischen Staatsbürgerschaft und damit auch von wichtigen politischen und sozialen Rechten ausgeschlossen bleiben sollen, übte indessen SOS Mitmensch Kritik. Mehr als ein Fünftel der österreichischen Bevölkerung fallen unter die derzeitige, viel zu hoch angesetzte Einkommensgrenzlinie für den Staatsbürgerschaftserwerb. Wer keine Staatsbürgerschaft hat, ist von politischen Rechten, wie etwa dem Versammlungsrecht und dem vollen Wahlrecht ebenso ausgeschlossen wie auch von Teilen des Arbeitsmarkts, wie beispielsweise Jobs bei der Polizei.

"Der zwischenzeitliche Elan von Staatsekretär Kurz scheint versiegt zu sein. Wenn Kurz es gutheißt, dass sozial Schwache von wichtigen politischen und sozialen Rechten ausgeschlossen werden, dann erfüllt er wesentliche Teile seiner Aufgaben nicht. Integration bedeutet, sozialen Ausschlüssen entgegenzuwirken und nicht diese einzuzementieren", betont Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch.

Antragsrecht gefordert

SOS Mitmensch fordert, dass es, wie in Belgien, nach 3 Jahren ein Antragsrecht auf die Staatsbürgerschaft geben sollte. Nach 6 Jahren sollte es einen erleichterten Zugang zur Staatsbürgerschaft auch für sozial Schwache geben und nach spätestens 12 Jahren Aufenthalt sollte es den bedingungslosen Rechtsanspruch auf einen österreichischen Pass geben. Kinder, die in Österreich geboren sind und deren Eltern rechtmäßig und längerfristig in Österreich niedergelassen sind, sollten die Staatsbürgerschaft per Geburt verliehen bekommen.