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Pflegereform ermöglicht raschen Zugriff auf Kunden-Sparbücher

Von Christoph Rella

Politik

Wer mehr als 4000 Euro angespart hat, muss damit sofort seine Pflege bezahlen.


Wien. Betuchte Pflegebedürftige werden ab 1. Juli 2012 schneller als bisher zur Kasse gebeten. Hat ein Betroffener mehr als 4000 Euro auf der hohen Kante und muss ins Heim, so wird ihm dieses Geld nicht mehr über mehrere Monate gestaffelt, sondern sofort zur Bedeckung der Pflegekosten abgezogen. So wollen es die Stadt Wien und der neue Hauptfinanzier des Wiener Pflegesektors - der Fonds Soziales Wien (FSW).

Denn Pflege kostet schließlich Geld. Einen Zugriff auf ihr Erspartes befürchten müssen allerdings nur wenige, zumal nur 5 Prozent aller Pflegebedürftigen als "reich" gelten. Was aber dennoch bedeutet, dass Neukunden, die zum Beispiel 14.000 Euro auf einem Sparbuch liegen haben, binnen zwei Monaten bis zu 10.000 Euro "verlieren". Für FSW-Geschäftsführer Peter Hacker ist das nicht weiter verwerflich. "Im Gegensatz zu anderen Bundesländern werden hier nur die Vermögenswerte der betroffenen Person angegriffen, dafür gibt es keine Regressforderungen an die Angehörigen", erklärte er am Freitag in Wien. Die gesetzlich vorgeschriebene Kostenbeteiligung bleibt allerdings bestehen. So müssen Pflegebedürftige auch weiterhin bis zu 80 Prozent ihres Pflegegeldes und ihres Netto-Einkommens überweisen.

Was aber nicht heißt, dass die öffentliche Hand aus dem Schneider ist: Sie muss in rund 95 Prozent der Fälle dennoch zahlen. In Wien sind das pro Pflegebedürftigen durchschnittlich bis zu 5000 Euro monatlich, die der Fonds Soziales Wien (FSW) und die Stadt bisher den öffentlichen Geriatriezentren und Pflegewohnheimen des Krankenanstaltenverbundes (KAV) zuschießen mussten.

Stadt streicht Subvention

Aber auch damit ist ab dem 1. Juli Schluss. So werden laut Hacker in Zukunft die Pflegeleistungen des KAV - wie bereits bei den privaten Anbietern der Fall - nur noch über den Fonds abgerechnet. Die Subvention der Stadt Wien, die bisher bis zu 50 Prozent der Kosten pro Pflegeplatz abgedeckt hat, wird gestrichen und stattdessen dem FSW zugeführt. Mit der Umstellung auf die sogenannte "vollkostendeckende Darstellung" wird auch der Tagessatz für einen stationären Pflegeplatz in einem der insgesamt 13 KAV-Zentren je nach Pflegegeldstufe von bisher 79,94 Euro auf bis zu 270,12 Euro erhöht. "Damit können wir endlich die tatsächlichen Kosten darstellen und unsere Tarife mit jenen der Konkurrenz vergleichbar machen", so der FSW-Manager.

In Wien werden derzeit knapp 19.000 Heimplätze - 3500 zählen zum KAV - vom FSW finanziert. Die jährlichen Pflegekosten betragen rund 700 Millionen Euro.