In Deutschland können Verfassungsrichter Gesetze vorab prüfen, in Österreich nicht. - © APAweb / dapd / Ronald Wittek
In Deutschland können Verfassungsrichter Gesetze vorab prüfen, in Österreich nicht. - © APAweb / dapd / Ronald Wittek

Wien. Die Regierungsparteien halten recht wenig von der von FPÖ und BZÖ ins Spiel gebrachten Idee, bei Verfassungsgesetzen - ähnlich wie in Deutschland - eine Vorabprüfung durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu ermöglichen. Die SPÖ sieht hier vor allem ein Problem in Sachen Gewaltenteilung. Auch die ÖVP ist äußerst skeptisch und fürchtet dadurch eine Einschränkung der Handlungsfähigkeit des Parlaments. FPÖ und BZÖ wollen im Herbst bekanntlich parlamentarische Initiativen in diese Richtung starten, auch die Grünen treten für eine Vorabprüfung ein.

SPÖ-Verfassungssprecher Peter Wittmann sagte gegenüber der APA, dies würde bedeuten, dass der VfGH praktisch einen Teil der Legislative übernehmen würde. "Die Legislative sollte man im Parlament lassen", meinte er. Die Gewaltenteilung habe ja einen Sinn. "Weil das ist eine Aufteilung der Macht in diesem Land" und jede Verschiebung der Macht habe eine "machtpolitische Komponente". Die FPÖ wolle "überhaupt alles aus der Legislative weghaben, das ist ein Ansatz, der sicher nicht unserer ist."

Auch Reinhold Lopatka, außen- und europapolitischer Sprecher der ÖVP, lehnt den Vorschlag ab. "Die Vorprüfung eines Staatsvertrags ebenso wie die Vorprüfung von Gesetzen würden eine massive Einschränkung der Handlungsfähigkeit des Parlaments bedeuten. Der VfGH soll nicht an Stelle des demokratisch legitimierten Gesetzgebers treten", erklärte er gegenüber der APA. Österreich habe klare Regeln was Staatsverträge und internationale Abkommen betrifft, diese hätten sich in den letzten Jahrzehnten durchaus bewährt. "Aus tagespolitischen Motiven so wesentliche verfassungsrechtliche Änderungen herbeizuführen, kann seitens der ÖVP keine Zustimmung finden."

"Rückabwicklung" für Fiskalpakt?
Ganz anders die FPÖ, die ja bereits vorige Woche eine entsprechende Gesetzesinitiative für den Herbst angekündigt hatte. Verfassungssprecher Harald Stefan sprach das Problem beim Fiskalpakt an: Selbst wenn der Verfassungsgerichtshof nachträglich eine Verfassungswidrigkeit feststellt, ist der dann bereits unterzeichnete völkerrechtliche Vertrag gültig (und es müsste dann im Grunde die heimische Verfassung angepasst werden). Das sei ein "heikler Punkt", meint der FP-Politiker. Er erwartet sich in einem solchen Fall von der Regierung, dass der völkerrechtliche Vertrag "rückabgewickelt" werde. "Dann muss man halt aus dem Vertrag aussteigen", so Stefan.

Auch das BZÖ hat bereits erklärt, im Herbst eine parlamentarische Initiative in diese Richtung starten zu wollen. Verfassungssprecher Herbert Scheibner sagte dazu, er halte es für gescheit, wenn der VfGH vorab prüfen könnte - und zwar nicht nur bei völkerrechtlichen Gesetzen, sondern generell.

Die Grüne Verfassungssprecherin Daniela Musiol will zwar jene Stimmen, die eine Prüfung vorab und danach durch ein- und dieselbe Institution kritisch sehen, ernst nehmen. Dennoch spricht sie sich für eine Vorabprüfung von Verfassungsgesetzen aus. Welche Institution damit beauftragt wird, das müsse man aber "gut diskutieren". So könnte etwa eine Kommission eingerichtet werden, die das unabhängig vom VfGH macht. Aber hier müsste man noch mit Experten sprechen, so die Abgeordnete.