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Jörg Haider plötzlich allein in Kärnten

Von Brigitte Pechar

Politik

Absetzen, ablenken und dementieren als Motto bei FPK, FPÖ und BZÖ.


Wien. In Zeiten, in denen das System Jörg Haiders zusammenbricht und damit nahezu die gesamte Regierungsmannschaft der Kärntner Freiheitlichen unter Beschuss gerät, weilt FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache auf Urlaub in Ibiza. Damit bleibt es Aufgabe seines Vizeparteichefs Norbert Hofer, so gut es geht von der FPÖ abzulenken. Da ist Angriff die beste Verteidigung, weshalb Hofer das Aufbrechen der illegalen Parteienfinanzierung in Kärnten kurzerhand als "Knalleffekt in Richtung ÖVP" bezeichnete.

Zur durchaus engen Verbindung zwischen der FPÖ und den Kärntner Freiheitlichen erklärte er, es gebe einen Kooperationsvertrag aus dem Jahr 2010, laut dem die FPK in Kärnten antrete, bei Bundeswahlen die beiden jedoch gemeinsam kandidierten. Andere Stimmen in der FPÖ meinten, man könne in Kärnten "nur beratend tätig sein".

Dass laut Birnbacher nicht nur der 2008 verstorbene Haider, sondern auch FPK-Obmann und Landeshauptmann-Vize Uwe Scheuch sowie Landesrat Harald Dobernig Geld gefordert haben, will Hofer nicht glauben. "Wenn das aber so gewesen wäre, gäbe es in der FPÖ direkte Konsequenzen. Wir verlangen, dass die Partnerpartei genauso Ordnung in den eigenen Reihen hält", erklärte Hofer zur "Wiener Zeitung". Scheuch und Dobernig selbst wiesen die Vorwürfe zurück. Für Hofer würde es allerdings "schon reichen, wenn Geld nur gefordert wurde". Gefragt, ob der Druck auf Scheuch nicht erhöht werde, sagte der blaue Vize-Parteichef: "Scheuch ist nicht frei von Druck. Er muss das klären." Eine Trennung von FPÖ und FPK zeichne sich aber nicht ab.

Sowohl Scheuch als auch Dobernig mussten zuletzt wegen Parteienfinanzierung vor einem Richter aussagen. Der Vorwurf lautete auf Amtsmissbrauch. Scheuch ist zudem - nicht rechtskräftig - in erster Instanz wegen Geschenkannahme durch Amtsträger zu sieben Monaten bedingter Haftstrafe und 150.000 Euro unbedingter Geldstrafe verurteilt. Für den Fall, dass Scheuch erneut angeklagt und verurteilt wird, könnte auch die Bewährung fallen.

Dementis und Distanzierungen

Aber nicht nur die Kärntner Freiheitlichen wollen nichts mehr mit dem System Haiders zu tun haben, auch dessen Erben an der Spitze des BZÖ distanzieren sich von ihrem Gründungsvater. Haider hatte die Orangen im April 2005 als Abspaltung von der FPÖ ins Leben gerufen. BZÖ-Chef Josef Bucher ortet jetzt einen "ÖVP/FPK-Skandal mit unfassbaren Dimensionen" und fordert Neuwahlen in Kärnten.

Nur zur Erinnerung: Haider war BZÖ-Spitzenkandidat bei der Nationalratswahl 2008. Für Stefan Petzner war Haider zu Lebzeiten sogar "Lebensmensch", beruflich fungierte er zuletzt als dessen engster Mitarbeiter. Mittlerweile profiliert sich Petzner im Parlament als BZÖ-Aufdecker im aktuellen Untersuchungsausschuss. Von Haiders illegalen Machenschaften will er nichts mitbekommen haben.

Würde Haider noch leben, säße er ebenfalls auf der Anklagebank. Er hat in Kärnten wie ein Fürst regiert, wenngleich ohne absolute Mehrheit und deshalb abwechselnd mit Hilfe von SPÖ und ÖVP; die Hypo Landesbank betrachtete er als Finanzierungsquelle für seine Prestigeprojekte, Almosen des Landes verteilte er gerne persönlich und in bar; Haider war mit ganz Kärnten auf Du und Du, so hat er Politik, Wirtschaft und Gesellschaft des südlichsten Bundeslandes zu einem großen Ganzen gefügt.

Natürlich geht auch die FPK auf eine Erfindung Haiders zurück. 1986 - dem Jahr, in dem er auch die Bundes-FPÖ übernahm - rief er die "Freiheitlichen in Kärnten" als Landesgruppe der FPÖ ins Leben. Diese war sodann bis 2005 Teil der FPÖ, ab dann bis 2009 Bestandteil des BZÖ, um schließlich via Kooperationsvertrag wieder mit der Bundes-FPÖ zusammenzuarbeiten.

Anders als gegen Scheuch und Dobernig richten sich in dieser Causa keine konkreten Vorwürfe gegen Gerhard Dörfler, der nach Haiders Tod Landeshauptmann wurde. Dörfler weilte am Mittwoch in Zagreb. Per Aussendung ließ er mitteilen, dass er "schockiert und massiv enttäuscht" von "Martinz und Co" sei. Wer das "Co" ist, präzisierte Dörfler nicht. Die Landtagswahlen 2009 hatte er mit großflächigen Haider-Konterfeis gewonnen.