Zum Hauptinhalt springen

Es bleibt in der Familie: Uwe übergibt an Kurt

Von Walter Hämmerle

Politik

Die Freiheitlichen rüsten sich für allfällige Neuwahlen in Kärnten.


Wien. "Uwe Scheuch (* 15. Juni 1969 in Villach) ist ein ehemaliger österreichischer Politiker (FPK)." So lakonisch las sich bereits am Mittwoch zu Mittag der einleitende Satz im Wikipedia-Eintrag zu Uwe Scheuch. Da war der Kärntner Vizelandeshauptmann und FPK-Parteiobmann soeben erst von allen politischen Funktionen zurückgetreten. Auf der eigenen Homepage warb Scheuch dagegen noch am Nachmittag mit dem Satz für sich: "Hier können Sie sich ein Urteil über jenen Mölltaler Bauern bilden, der ausgezogen ist, um, wenn schon nicht die Welt, so doch zumindest seine Heimat zum Besseren zu verändern!" Zu diesem Zeitpunkt war die Nachricht von Scheuchs Rücktritt bereits die Topmeldung auf allen heimischen Nachrichtenkanälen.

Er fühle sich von den Medien "zum Verbrecher gemacht", zwei Jahre "Freiwild" und "Hetzkampagne" gegen ihn seien genug, so begründete Scheuch seinen Rücktritt, zu dem er sich in der Nacht zuvor entschlossen habe. Tatsächlich gab der 43-Jährige noch am Dienstag ein Interview, in dem von einem Rückzug keine Rede war. Journalistenfragen wollte Scheuch am Mittwoch keine beantworten.

Also war es an Landeshauptmann Gerhard Dörfler, Kurt Scheuch (45) als designierten neuen FPK-Obmann und künftigen neuen Landeshauptmann-Stellvertreter zu präsentieren. Dass der ältere Bruder die Nachfolge antritt, begründete Dörfler mit einem Verweis auf Kontinuität, ohne dies jedoch näher auszuführen. Nachfolger Kurt Scheuchs als Klubobmann der FPK im Landtag wird Gernot Darmann. Kurt Scheuch meinte, er werde sich bemühen, "die erfolgreiche Arbeit meines Bruders fortzusetzen". Ein gemeinsames Foto von Uwe und Kurt Scheuch, das eine Fotografin machen wollte, wurde abgelehnt.

Er wolle mit seinem Rücktritt seiner Partei "die einzige offene mediale Flanke", die bei Neuwahlen von den anderen ausgenutzt werden könnte, schließen, erklärte Uwe Scheuch. Gemeint waren damit seine zahlreichen Probleme vor Gericht. In dieses Bild der Wahlkampfvorbereitung, wann immer nun der Urnengang stattfindet, passen auch die wüsten Verbalinjurien gegen den neuen ÖVP-Obmann Gabriel Obernosterer (für Scheuch ein "Waldmensch") und SPÖ-Chef Peter Kaiser (den Dörfler einen "Trillerpfeifen-Peter" nennt, der ihn bei der Wahl nie besiegen werde).

Wagenburg-Mentalität

Was sich tatsächlich hinter den Kulissen der Kärntner Freiheitlichen abgespielt hat, ist von außen nur schwer zu beurteilen. Die FPK hat sich diesbezüglich die Mentalität von Insassen einer belagerten Wagenburg angeeignet: Umgeben von politischen Gegnern und als feindlich empfundenen Medien, dringt kaum etwas von inneren Unstimmigkeiten nach außen.

Nach dem Tod Jörg Haiders im Herbst 2008 konnten sich die Scheuchs als Führungsgespann bei den Kärntner Freiheitlichen etablieren. Die beiden Großbauern aus dem Mölltal, deren Großvater Robert zu den Gründungsvätern der FPÖ gehörte, segelten zunächst unter der Flagge des BZÖ, wechselten jedoch schon 2009 zurück zur FPÖ.

Dass zunächst Dörfler Haider auf dem Sessel des Landeshauptmanns nachfolgte, muss ihnen deshalb wie ein Lapsus der Geschichte vorgekommen sein, den es ehestmöglich zu korrigieren galt. Tatsächlich machten immer wieder Berichte die Runde, dass sich Uwe Scheuch, der eloquentere, umgänglichere der beiden Brüder - Kurt gilt zwar als der politischer Kopf, ging aber als "Reißwolf von Knittelfeld" in die Archive der Innenpolitik ein -, zu Höherem berufen fühlte. Doch Erfolge Dörflers in der ewigen Kärntner Streitfrage um zweisprachige Ortstafeln auf der einen Seite und zunehmender Druck der Ermittlungsbehörden auf Scheuch auf der anderen drehten dieses ursprüngliche Kräfteverhältnis mit der Zeit um.

Kein abschließender Sieger

Ist nun also Landeshauptmann Dörfler der neue starke Mann in der FPK? So einfach sei die Kärntner Politik nicht zu sehen, warnt der Politologe Peter Filzmaier vor voreiligen Schlüssen. "Mit einem durch juristische Probleme geschwächten Uwe Scheuch konnte Dörfler politisch gut leben. Ob er das auch mit Kurt kann, der - zumindest bis dato - persönlich nicht in die Korruptionsvorwürfe verwickelt ist, muss vorerst offenbleiben, zumal", so Filzmaier zur "Wiener Zeitung", "Kurt als bisheriger Klubchef die Partei wohl weitgehend geschlossen hinter sich hat."

Für den Politanalysten war es von Anfang an Dörflers Strategie, sich als Landeshauptmann so weit wie möglich von jener Partei abzugrenzen, der er selbst angehört und so für sich selbst ein größeres Wählerspektrum zu erarbeiten. Allerdings, gibt Filzmaier zu bedenken, stehe Dörfler nach allfälligen Neuwahlen vor dem Problem, eine Mehrheit im Landtag für seine Wiederwahl als Landeshauptmann organisieren zu müssen. SPÖ und Grüne fallen dafür wohl von vornherein aus, und ob die ÖVP noch einmal das Wagnis eines Bündnisses mit der FPK eingeht, ist aus heutiger Sicht höchst zweifelhaft, allerdings auch nicht gänzlich ausgeschlossen. Um als klarer Sieger aus den internen Machtverschiebungen hervorzugehen, hätte, so Filzmaier, Dörfler einen völligen personellen Neubeginn einleiten müssen; davon kann angesichts der Scheuch-Nachfolgeregelung eher nicht gesprochen werden.

Dazu passt auch, dass sogar Dörfler ein Polit-Comeback Uwe Scheuchs in Aussicht gestellt hat. Und auch der Gefallene selbst gab dem Publikum einen Merksatz mit: "Den Uwe Scheuch, meine geschätzten Damen und Herren, den kann man weder biegen noch brechen." Klingt nach einem Abschied auf Zeit.