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Mini-Rochade aus nackter Not

Von Brigitte Pechar

Politik

Weitere personale Wechsel im ÖVP-Team eher unwahrscheinlich.


Wien. "Das ist von Michael Spindelegger gut über die Bühne gebracht worden." So beurteilt Andreas Khol die personelle Weichenstellung in der ÖVP. Der bisherige Staatssekretär im Außenministerium, Wolfgang Waldner, kehrt nach 50 Jahren nach Kärnten zurück und wird dort Landesrat. Er folgt Achill Rumpold nach, der wegen seiner Nähe zu dem tief in die Parteienfinanzierungs-Affäre verstrickten Ex-Landesparteichef Josef Martinz zurücktreten musste. Es sei ihm leicht gefallen, das Angebot aus Kärnten anzunehmen, gab Waldner am Mittwoch nach seiner Bestätigung im Kärntner Landesparteivorstand zu. Nun will er gemeinsam mit Neo-Landesparteichef Gabriel Obernosterer "Kärnten sanieren" und "Teil des Aufbruchs" der Kärntner ÖVP sein. Wer von den beiden als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl - spätestens im Frühjahr 2013 - antritt, ist offen.

Waldners Posten in der Bundesregierung wird der Steirer Reinhold Lopatka übernehmen.

Während man in den ÖVP-Landesorganisationen offiziell zu Lopatka noch keine Stellungnahme abgeben wollte - er wird vom Parteivorstand mittels Umlaufbeschluss bestellt und heute, Donnerstag, präsentiert - herrschte einhellige Zustimmung zu Waldner. Khol bezeichnete Obernosterer als "die Zirbe an der Baumgrenze", der den Politiker zum Anfassen geben wird, während Waldner als Verwaltungsfachmann sein Know-how einbringen werde. Auch der ÖVP-Kenner Peter Ulram, Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts Ecoquest, beurteilt Waldners Wechsel im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" positiv: "Vielleicht ist jemand von außen mit einem gewissen Renommee der Einzige, dem es gelingen kann, aus dem Haufen der Kärntner ÖVP eine funktionierende Partei aufzustellen." Waldner sei ein "nicht ungeschickter Schachzug", sei bei diesem doch sicher keine Gefahr irgendeiner Verstrickung in Parteienfinanzierung. Die "herabgewirtschaftete Kärntner ÖVP" könne nicht so rasch wieder neu aufgestellt werden, beurteilt der Politologe Ulram die Situation. Daher sei "ein Neuanfang mit einer Person, die etwas darstellt, die einzige Chance, damit das nächste Wahlergebnis nicht ganz so katastrophal ausfällt".

Dass Lopatka jetzt wieder das Regierungsteam verstärkt begrüßt Khol gegenüber der "Wiener Zeitung" ebenfalls. Dieser sei ein "obvious candidate", der das Europa-Dossier als Europasprecher der ÖVP im Parlament kenne. Auch Ulram beurteilt die Rückkehr Lopatkas positiv: "Ich nehme an, dass Spindelegger einen politischen Kopf im Ministerium haben wollte." Lopatka bringe organisatorische Erfahrung mit uns sei ein ausgeprägt politisch denkender Mensch, der Spindelegger in seiner Doppelfunktion als Außenminister und ÖVP-Obmann entlasten könne. Auf der Negativseite steht, dass sich damit Spindelegger nicht von der ÖVP Wolfgang Schüssel abgrenzt.

Spitzenkandidatur in ÖVP-Bundespartei offen

Ist das jetzt die Mannschaft, mit der die ÖVP zur Nationalratswahl antritt und wer soll Spitzenkandidat sein? Khol ist davon überzeugt: "Spindelegger wird sein Team zusammenhalten. Und da gehört Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich dazu." Damit zeigt sich der frühere ÖVP-Klubobmann überzeugt, dass am mitunter umstrittenen Landwirtschaftsminister nicht gerüttelt wird. Auch in der ÖVP-Zentrale geht man davon aus, dass die Regierungsmannschaft bis zur Wahl nicht verändert wird.

Für Ulram sind die ÖVP-Hauptdarsteller bei der Nationalratswahl Spindelegger, Finanzministerin Maria Fekter, Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und "in irgendeiner Form" auch Staatssekretär Sebastian Kurz. Die Frage nach dem Spitzenkandidaten könne man jetzt noch nicht beantworten, sagt der Ecoquest-Geschäftsführer. Ziemlich sicher ist für ihn aber, dass die Nationalratswahl nicht im Frühjahr 2013 sein wird. Denn einerseits gebe es kaum Konfliktstoff in der Koalition - "mit Ausnahme der Eurobonds, die für die ÖVP nicht akzeptabel sind". Andererseits wähle Niederösterreich im Frühjahr - und Landeshauptmann Erwin Pröll wünsche sicher keine bundesweite Wahl in seinem Umfeld.

Unterschiedlich reagierten die übrigen Parteien auf die Bestellung Waldners. Er trete den "undankbarsten Job" in der Kärntner Parteienlandschaft an, meinte etwa Grünen-Landtagsabgeordneter Rolf Holub. "Ich wünsche Waldner viel Glück in seiner neuen Aufgabe - er wird es brauchen", sagte der Spitzenkandidat des BZÖ-Kärnten, Josef Bucher. Aber auf Bundesebene werde der Wechsel von Waldner zu Lopatka "die personelle Schwäche des ÖVP-Regierungsteams nicht beheben". "Waldner wird an seinen Taten gemessen werden", sagten FPK-Chef Kurt Scheuch und SPÖ-Landesparteiobmann Peter Kaiser unisono.