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Eine steife Brise von links

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Viele Genossen sind unzufrieden mit Kurs und Auftreten der Partei.


Wien. Österreich steht in Sachen Wachstum und Arbeitslosigkeit im Vergleich mit dem Rest Europas recht gut da - auch wenn die Zahlen nicht rosig sind. In den Umfragen liegt die SPÖ deutlich vor der Konkurrenz - auch wenn die Zahlen nicht rosig sind. Eigentlich könnte die SPÖ-Spitze am Samstag mit relativ breiter Brust zum Parteitag nach St. Pölten fahren. Dennoch wäre es einigen Parteigranden wohl lieber, wenn der sozialdemokratische Großevent nicht gerade jetzt vor der Türe stünde, denn kuschelig wird es wohl nicht. In der Partei rumort es heftig. Vor allem die Linke ist unzufrieden.

Für Frust bei vielen Genossen sorgt etwa die Bundesheerdebatte. Der von Wiens Bürgermeister ausgelöste Kurswechsel wurde in der Partei zuvor nicht diskutiert, danach schlecht kommuniziert. Viele - auch prominente - Rote wollen an der Wehrpflicht festhalten. Die diesbezügliche Abstimmung könnte im Jänner eine herbe Niederlage für die SPÖ am Beginn eines Wahljahres bedeuten. Beim Parteitag stehen die Berufsheerpläne offiziell nicht auf der Tagesordnung. Thema sein werden sie auf jeden Fall.

Ebenso der Umgang der Parteispitze mit dem Untersuchungsausschuss in der Inseratenaffäre. Für viele Rote ist die - von Klubobmann Josef Cap quasi personifizierte - Weigerung, Parteichef Werner Faymann vorzuladen, unverständlich - wenn er nichts zu verbergen hat.

Auch in Sachen Studiengebühren gehen die Meinungen innerhalb der Partei auseinander. Eine diesbezügliche Entscheidung wird es aber in St. Pölten nicht geben. Der Antrag der SPÖ Pinzgau - de facto von Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller - auf Einführung von Studiengebühren bei gleichzeitigem Ausbau von Stipendien, wird in eine Arbeitsgruppe entsorgt. Dass es kein dezidiertes Nein zu Studiengebühren gibt, enttäuscht viele (auch das Lavieren der Parteispitze in der Frage, ob die Gesamtschule nach der Wahl zur Koalitionsbedingung gemacht werden soll).

Ackerl fordert mehr Werte und weniger Kompromisse

Einer dieser Enttäuschten ist Oberösterreichs SPÖ-Chef Josef Ackerl. Pünktlich zum Parteitag hat er am Dienstag ein "Handbuch sozialdemokratischer Werte" präsentiert. Die SPÖ habe in den vergangenen Jahren verabsäumt, mit Werten - "Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität" - gegen die neoliberale Politik anzukämpfen. Letztlich fordert Ackerl weniger Kompromissbereitschaft der SPÖ gegenüber dem Koalitionspartner. Der Applaus des linken Flügels wird ihm gewiss sein.

Ackerl sieht das Buch auch als Beitrag zur Programmdiskussion, die beim Parteitag gestartet werden soll. Unter der Ägide von Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter und dem roten Pensionistenchef Karl Blecha - schon 1978 am Parteiprogramm maßgeblich beteiligt - soll bis zum Parteitag 2014 ein neues Programm entstehen.

Die Anträge

Das Motto des Parteitags, "Mehr Gerechtigkeit", wird sich die SPÖ wohl bis zur Wahl im Herbst 2013 auf die Fahnen heften. Das spiegelt sich in den insgesamt sieben Leitanträgen zum Parteitag wider: Vermögenssteuern werden ebenso gefordert wie eine strenge Regulierung der Finanzmärkte. Während die Parteispitze in Sachen Arbeitszeit Anreize für ein längeres Erwerbsleben fordert, fordern die roten Gewerkschafter und die "Junge Generation" eine Verkürzung der Arbeitszeit. Beschlossen werden dürfte auch ein Antrag der SPÖ-Frauen, der eine vorzeitige Angleichung des Pensionsantrittsalters ablehnt. Angenommen wird hingegen der Antrag, die Familienbeihilfe deutlich zu erhöhen, dafür Absetz- und Freibeträge im Familienbereich abzuschaffen.

In Sachen Bildungspolitik setzt ein Leitantrag auf Gesamtschule und ganztägige Betreuung. Ein Zusatzantrag der Vorarlberger SPÖ verlangt, dass die Gesamtschule zur Koalitionsbedingung erhoben wird. Ein Antrag der Pinzgauer SPÖ auf Studiengebühren (plus Ausbau der Stipendien) wird ebenso einer Arbeitsgruppe zugewiesen, wie der Antrag von SJ, VSStÖ und AKS auf freien Hochschulzugang.

Trotz Widerstands der burgenländischen Landesgruppe kommt ein Antrag auf bundesweites Verbot des "kleinen Glücksspiels" zur Abstimmung. In Wien hatte die Basis ein Verbot gegen den Willen der Parteispitze durchgesetzt.

Insgesamt stehen mehr als 120 Anträge und Resolutionen auf dem Programm. So fordern etwa Sozialdemokratischen Homosexuellen (SoHo) ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Die Wiener SPÖ will einen Arbeitsmarktzugang für Asylwerber, außerdem ein österreichweites Verbot nichtkompostierbarer Plastiksackerl. Die "Junge Generation" fordert, dass "Fußball als Teil der Arbeiter-Kultur" akzeptiert wird.