Wien. (cra) Seit Mittwoch protestieren Flüchtlinge aus Somalia vor dem Parlament auf der Wiener Ringstraße gegen ihre prekäre Lebenssituation in Österreich. Die Aktion startete zu Mittag vor dem Bundesasylamt in Wien, ein Protestzug mit laut Angaben der Veranstalter rund 300 TeilnehmerInnen zog dann zum Parlament weiter. Dort werden die Flüchtlinge bis Freitag in ihrem Protestcamp bleiben.
An den Pranger stellen die Somalier vor allem die langwierigen Asylverfahren in Österreich und die damit verbundenen langen Wartezeiten, der fehlende Zugang zum Arbeitsmarkt, und die Dublin-II-Abschiebungen. Letztere bedeuten, dass diejenigen Flüchtlinge, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden, dorthin zurückgeschickt werden. Viele AsylwerberInnen müssen daher damit rechnen, nach Ungarn, Italien, Malta oder die Slowakei abgeschoben zu werden, wo Flüchtlinge in der Regel über Monate eingesperrt oder ohne jegliche Unterstützung einfach sich selbst überlassen werden und auf der Straße landen.
Die Demonstranten fordern ferner ihr Recht auf Familienzusammenführung. Außerdem kritisieren sie die in Österreich gängige Praxis der Asylbehörden, Flüchtlinge aus Somalia je nach Herkunftsgebiet in drei Gruppen (Somalialnd, Puntland und Zentralsomalia) einzuteilen. Somalia sei ein Land mit einer Sprache und einer Bevölkerung, betonen sie. Es würden in Österreich von den Behörden jedoch Sprachanalysen eingesetzt, um herauszufinden, woher die Menschen genau stammen, heißt es in der Aussendung weiter. Auch wenn die Genfer Flüchtlingskonvention diese Praxis nicht deckt, die Resultate der Spracherkennung würden als Grundlage für die Bewertung von Fluchtgründe verwendet.
Aktuelle Situation in Somalia
Ferner möchten die Somalier mit ihrer Protestaktion auch auf die weiterhin schwierige Situation in Somalia aufmerksam machen: Entgegen der offiziellen Meinung Österreichs habe sich dort nämlich die Lage nicht gebessert: In Somaliland zum Beispiel herrsche nach wie vor Krieg. Kürzlich wurde dort zwar eine neue Regierung eingesetzt, doch die Lage hat sich durch die Kämpfe zwischen islamistischen Al Shabab-Milizen und den Truppen der AMISOM-Mission der Afrikanischen Union weiter verschlimmert. (Die EU-Kommission hatte der AMISOM Ende September übrigens weitere 82 Millionen Euro Finanzhilfe zugesagt.)
Erst am Montag hat die Al-Shabaab-Miliz der britischen Hilfsorganisation Islamic Relief die Tätigkeit in ihrem Einflussgebiet in Somalia untersagt. Die Gruppe arbeite mit dem Welternährungsprogramm der UNO zusammen, der die Arbeit bereits verboten worden sei.
Die Hilfsorganisation Oxfam warnte unterdessen vor einer Verschlechterung der Versorgungslage im Süden Somalias. Die Kämpfer der Al-Shabaab waren zuletzt zwar aus ihrer Hochburg, der Hafenstadt Kismayo, von der afrikanischen Schutztruppe AMISOM vertrieben worden. Die islamistische Miliz kontrolliert aber noch immer Gebiete im Süden und im Zentrum des Landes.
Unterstützung
Unterstützt wird der Flüchtlingsprotest von den antirassistischen Basisinitiativen "1. März transnationaler MigrantInnenstreik", "Afrique Europe Interact", "Familien und FreundInnen gegen Abschiebung und Plattform Bleiberecht Innsbruck, sowie von SOS Mitmensch und Asyl in Not.