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Das LIF-Syndrom im Parlament

Von Katharina Schmidt und Wolfgang Zaunbauer

Politik

1993 machte es Heide Schmidts Liberales Forum vor.


Wien. Der Weg scheint klar. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer will eine Entscheidung zwar genau prüfen, allerdings sieht es derzeit nicht danach aus, als bliebe ihr viel Spielraum - sie wird der Stronach-Partei wohl oder übel den Klubstatus im Nationalrat zuerkennen müssen.

Bereits am Montag haben die fünf abtrünnigen BZÖ-Mandatare - Stefan Markowitz, Christoph Hagen und Elisabeth Kaufmann-Bruckberger direkt vom BZÖ und die wilden Ex-Orangen Erich Tadler und Robert Lugar - schriftlich erklärt, dass sie einen Klub "Team Stronach für Österreich" gründen wollen. In einer Sonderpräsidiale am 30. Oktober will Prammer nun "alle Argumente pro und contra" erörtern, bis dahin soll auch eine Rechtsexpertise des Hauses vorliegen.

Das Hauptproblem ist, dass der Passus über eine Klubgründung in der Geschäftsordnung des Nationalrats Interpretationsspielraum offen lässt: Darin heißt es lediglich, dass fünf Abgeordnete derselben wahlwerbenden Partei das Recht haben, sich in einem Klub zusammenzuschließen. Für den Verfassungsrechtler Heinz Mayer heißt das, dass den Stronach-Mandataren nun automatisch der Klubstatus zuzubilligen ist.

Dem widerspricht Ex-ÖVP-Nationalratspräsident Andreas Khol: Er hält eine Klubgründung prinzipiell nur am Anfang der Legislaturperiode für möglich. Der Ansicht ist auch der frühere ÖVP-Klubdirektor und Geschäftsordnungsexperte Werner Zögernitz.

Usancen ausschlaggebend

Denn immerhin findet sich der entsprechende Paragraf in jenem Abschnitt der Geschäftsordnung wieder, in dem es um die Bildung des Nationalrats geht, sagt er zur "Wiener Zeitung". Allerdings könne in diesem Fall nicht nur auf Basis der Geschäftsordnung entschieden werden, sondern es gehe auch um die parlamentarischen Usancen. Und hier gibt es nun einmal einen Präzedenzfall aus dem Jahr 1993, als sich fünf FPÖ-Abgeordnete unter Heide Schmidt abspalteten und das Liberale Forum (LIF) gründeten. Der damalige Nationalratspräsident Heinz Fischer genehmigte die Klubgründung. Ein Fehler, findet Zögernitz, aber damit "wird es schwer, heute anders zu entscheiden".

Auch ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf erklärte am Dienstag, Fischer habe beim LIF eine Fehlentscheidung getroffen, die heute ein Präjudiz - und "für Nationalratspräsidentin Barbara Prammer eine Hypothek" - darstelle. Leider sei die Bestimmung in der Geschäftsordnung nicht klar genug formuliert, so Kopf, der ebenfalls eine Klubgründung während einer laufenden Gesetzgebungsperiode ablehnt. Kopf zeigte sich übrigens überzeugt, dass von den ÖVP-Mandataren keiner ins Stronach-Boot wechseln wird.

Wenn in der Präsidialsitzung kein Konsens gefunden wird, dann liegt es an Prammer, eine Entscheidung zu fällen. Und sie will die Sachlage gut abwägen. So müsse auch bedacht werden, dass die Stronach-Mandatare zwar alle aus derselben Wahlpartei kommen, aber zuletzt als BZÖler beziehungsweise wilde Mandatare unterschiedliche Interessen verfolgt haben. Ebenso fragt sich die Präsidentin, wieso der sechste Mandatar, Ex-SPÖler Gerhard Köfer, nicht gemeinsam mit den anderen die Klubgründung beantragt hat.

Förderung ab Oktober

Innerhalb der kommenden zwei bis vier Wochen soll es eine Entscheidung geben. Wenn die Stronach-Partei einen Klub gründen kann, erhält sie die Basisförderung von 1,2 Millionen Euro sowie gestaffelte Beiträge (siehe Grafik) je nach Zahl der Abgeordneten, die noch dazu kommen - der designierte Klubchef Lugar nannte bereits zehn Mandatare als Ziel. Das Geld wird übrigens pro Quartal ausgezahlt - bei einer Klubgründung im November oder Dezember also rückwirkend ab Oktober. Außerdem erhält der Klub Mitarbeiter, Räumlichkeiten und Sitze zumindest in den großen Ausschüssen.

Alle, von Kopf über Zögernitz bis hin zu Prammer, plädieren übrigens dafür, dass die Geschäftsordnung entsprechend klarer formuliert wird, damit beim nächsten Mal nicht wieder so viel Interpretationsspielraum bleibt. Allerdings "hat man sich bereits 1993 vorgenommen, das Gesetz konkreter zu fassen". Passiert ist in den vergangenen 20 Jahren aber nichts.