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"Signal in die falsche Richtung"

Von David Baldinger

Politik

Rotes Kreuz für Zivildienst: Lohn ersetzt nicht das Engagement.


"Wiener Zeitung": Was hält das Rote Kreuz vom Vorschlag des Sozialministers?Werner Kerschbaum: Ich bin kein Alarmist - aber dieses Modell ist ein Signal in die falsche Richtung. Zivilgesellschaftliches Engagement ist nicht durch Lohn zu ersetzen. Wenn es schon zu einem Paradigmenwechsel kommt, dann muss man vorher einen Testlauf machen - wie bei jeder Softwareumstellung auch. Dazu braucht es Übergangsfristen. Das kostet, aber es war dem Ministerium ja auch möglich, innerhalb kurzer Zeit zusätzliche 60 Millionen Euro für die jetzt 8000 Freiwilligen aufzustellen.

Woher kommen Ihre Bedenken?

Wir sind auf freiwillige Spenden angewiesen. Geldspenden, aber auch Blutspender. Sollten künftig auch die Blutspender bezahlt werden? Bisher sind von den rund 4000 Zivildienern etwa 2000 Freiwillige geblieben. Es ist unklar, wie sich das entwickelt. Bleiben auch die "Angestellten" des Freiwilligen Sozialen Jahres? Sie würden jedenfalls aus anderen Motiven kommen. Die Entscheidung heutiger Zivildiener für das Rote Kreuz ist jedenfalls eine ganz andere. Das geplante Modell könnte unsere Freiwilligenbasis erodieren.

Kann das Rote Kreuz die aktuelle Qualität mit 8000 Freiwilligen aufrechterhalten?

Besser als noch mit den kolportierten 6500 Freiwilligen. So kämen wir zumindest in die Nähe dessen, was wir jetzt haben. Der Vorschlag würde aber immer noch eine Reduktion um 20 Prozent bedeuten. Das ist nicht durch Effizienzgewinne wettzumachen. Das unterstellt den Zivildienern, dass sie nicht effizient wären.

Wurden Sie in alle Details miteinbezogen und wurde das Modell mit Ihnen abgestimmt?

Wir wurden zu drei Runden Tischen eingeladen. Die Diskussionen waren positiv und sachlich. Unsere Anregungen wurden auch eingearbeitet. Es wurde aber immer nur über ein Modell gesprochen. Es gab zu keiner Zeit Optionen. Das Rote Kreuz hätte sich eine Modellvielfalt gewünscht.

Gibt es positive Aspekte des Vorschlages?

Es spricht nichts dagegen, die neuen Ideen in das bestehende Modell zu übertragen. Warum nicht den Zivildienern berufsbildende Anrechnungen anbieten? Oder administrative Abwicklungen erleichtern?

Wann soll das Freiwillige Soziale Jahr kommen?

Uns wurde mitgeteilt, dass man mit 1. Jänner 2014 starten wird.

Werner Kerschbaum wurde 1952 geboren. Er wuchs in der Steiermark auf, ist mit einer Ärztin verheiratet und hat drei Kinder. Der Handelswirt hat eine Ausbildung zum Erwachsenentrainer und unterrichtete unter anderem an der Universität Salzburg. Nach Management-Jobs, zum Beispiel bei Hofbauer oder Billa, ist Kerschbaum seit 1999 Mitglied der Geschäftsleitung des Österreichischen Roten Kreuzes, den Posten des Generalsekretärs übernahm er am 1. Juli 2012.