
Wien. Am Ende steht der gläserne Mensch. So sehen es die Kritiker der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, die in Österreich seit April rechtliche Gültigkeit hat. Sämtliche Verbindungsdaten via Telefon und Internet werden ein halbes Jahr lang gespeichert, Ermittlungsbehörden können auf diese zugreifen.
Wie es zu dieser Richtlinie kam, wie sie, spät aber doch, in die österreichische Gesetzgebung implementiert wurde, sei jedenfalls weniger gläsern gewesen, sagt der fraktionsfreie EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser. "Zum einen wird die totale Kontrolle der Bürger beschlossen, zum anderen werden Debatten darüber unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt."
Ehrenhausers Kritik richtet sich an das Hearing vor dem Justizausschuss des österreichischen Nationalrats, von dem die Öffentlichkeit ausgeschlossen war. Bei diesem Hearing übten Experten diverser Fachrichtungen Kritik an der Datenspeicherung. Vertreten war auch jene Bürgerinitiative, die 106.000 Unterschriften gegen die Verordnung gesammelt hatte und auf deren Forderung das Hearing überhaupt erst stattfand.
188 Abfragen bisher
Michael Kilchling vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg verwies darauf, dass bisher keine einzige Studie die Sinnhaftigkeit der Vorratsdatenspeicherung belege. Kritische Wortmeldungen kamen auch von anderen Wissenschaftern, etwa von Christoph Tschohl vom Ludwig- Boltzmann-Institut für Menschenrechte, der von überschießenden Grundrechtseingriffen sprach.
Vertreter des Justizministeriums hielten den Bedenken entgegen, dass das deutsche Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung als per se nicht grundrechtswidrig gewertet habe, außerdem habe das Gesetz bereits bei der Aufklärung von Strafdaten eine entscheidende Hilfe für die Behörden geleistet. Als konkretes Beispiel nannte Manfred Burgstaller vom Justizministerium die Klärung eines Mordfalles, bei dem ein Handy geraubt wurde, bis Dienstag hatte es insgesamt 188 Datenabfragefälle gegeben.
Ein missbräuchlicher Datenzugriff war weder dem Ministerium noch der Datenschutzkommission bekannt, Justizministerin Beatrix Karl sprach von einer "maßvollen Anwendung". Auf EU-Ebene wird eine Reform der Richtlinie allerdings bereits diskutiert. So soll sich laut EU-Kommissarin Cecilia Malmström der Anwendungsbereich auf die Bekämpfung von Terrorismus und schweren Verbrechen beschränken.