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Auf Talent- und Tätersuche

Von Alexandra Grass

Politik

"Gelder aus der Erwachsenenbildung sollten in die Schule verlagert werden."


Ebreichsdorf. Ein Wandel in der Schulbildung scheint dringend angesagt. Das wurde in der Vorwoche beim Podiumsdialog "Lernst du noch oder begreifst du schon? Bildung geht neue Wege" im niederösterreichischen Ebreichsdorf klar. In Kooperation mit der "Wiener Zeitung" hatte die Privatschule "Schul-Werkstatt Ebreichsdorf" Bildungsvolksbegehren-Initiator Hannes Androsch, Bildungsexpertin Christa Koenne und den Hirnforscher Manfred Spitzer zur Diskussion geladen.

Für eine heftige Debatte sorgte die Ablehnung Spitzers, schon im Kindergarten und in der Schule elektronische Medien einzusetzen. Während Koenne betonte, dass Kinder den Umgang mit Medien lernen müssen, um sich später gut damit zurechtfinden zu können, legte der Neurowissenschafter klar: "Im Kindergarten wird ja auch kein Alkohol- oder Nikotintraining gemacht, damit die Kinder im späteren Alter besser damit umgehen können." Auch bei der Ausbildung für Lehrer gab es kontroversielle Ansichten. Kritik übte Spitzer daran, dass Pädagogen an den Hochschulen, die Lehrer ausbilden, nicht mehr in den Klassen aktiv tätig seien. Er könne ja auch als Arzt nicht Kollegen schulen, wenn er nicht regelmäßig mit Patienten in Kontakt sei. Das Klassenzimmer sei für Ausbildende ein wesentlicher Ort, um Erfahrungen weitertragen und die Veränderung der Kinder über die Jahre mitverfolgen zu können. Koenne konnte der Kritik nichts abgewinnen.

Unterricht nicht zeitgemäß

Dass Kinder heute anders sind als früher, unterstrich die Bildungsexpertin. Die Schüler bringen je nach ihrem gesellschaftlichen Umfeld unterschiedliches Vorwissen in die Klasse mit. Dazu komme, dass das Wissen ständig steige. Daher müsse anders gelernt und müssten dementsprechend auch die Lehrpläne angepasst werden. Derzeit "sind Lehrpläne Wunschprosa und nicht erfüllbar", sagte sie. Auch gelte es, Lehrer zu finden, die Veränderungen im System aktiv vorantreiben.

Hannes Androsch verwies vor allem auf das Talentpotenzial, das es bei Schülern zu heben gelte. Dies sei ein wirksames Mittel für die Gesellschaft, um ein Aufstreben aus allen Bürgerschichten zu ermöglichen. Einmal mehr prangerte er an, dass Österreich beim Pisa-Test sichtbar hinterherhinke.

Einig waren sich die Diskutanten darüber, dass Gelder aus der Erwachsenenbildung in den Kindergarten und die Schule verlagert werden sollten - auch aufgrund der Tatsache, dass gerade in den ersten Lebensjahren das Gehirn für mehr Lerninhalte bereit sei, wie Spitzer betonte. Zudem müssten Kinder auf ein flexibleres Leben vorbereitet werden, in dem es Zeiten von Arbeitslosigkeit und Umorientierung geben kann.

Klar war auch, dass der heutige Unterricht hinsichtlich wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht mehr zeitgemäß sei. Schule müsse offener und projektorientierter werden. Sowohl den Lehrern als auch den Schulleitern müssten mehr Freiheiten zugesprochen werden. Nur so würde es den Pädagogen wieder leichter fallen, sich zu engagieren, statt Dienst nach Vorschrift zu machen.