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Ein gigantischer Hedge-Fonds

Von Reinhard Göweil

Politik

Bewertung der Salzburger Geschäfte soll Anfang Jänner vorliegen.


Wien/Salzburg. Der Rücktritt von Finanzlandesrat David Brenner ändert vorerst gar nichts. Dass er dem Salzburger SPÖ-Wahlteam nicht mehr angehören wird, war klar. Aber Brenner wird seinen Posten räumen, nachdem das Landesbudget 2013 beschlossen wurde - also am 23. Jänner. An diesem Tag dürfte die Volkspartei Salzburg auch den Neuwahlantrag einbringen.

Während also die politischen Spin-Doktoren bei Volkspartei und Sozialdemokraten die Schlagzeilen diktieren, bleibt die Sache selbst auf der Strecke: Wie schaut der Hedge-Fonds namens Land Salzburg nun tatsächlich aus? Mittlerweile klärt sich das Bild ein bisschen: Bis Anfang Jänner wollen die Experten ein grobes Bild haben, wie das Risiko der Derivat-Geschäfte der Referatsleiterin tatsächlich zu bewerten ist. "Für einen Hedge-Fonds wären die getätigten Investments sogar plausibel", sagte ein Banker anerkennend. Das Problem: Das Land Salzburg ist kein Hedge-Fonds.

Das dürfte die Referatsleiterin anders gesehen haben. Sie widersetzte sich den Empfehlungen des Finanzbeirates mit der Erklärung, dass dadurch der Zinsgewinn für das Land geringer ausfallen würde. Dies erklärte sie Landeshauptfrau Gabi Burgstaller sogar in einem persönlichen Gespräch im September. An das Risiko dachte sie dabei ganz offenkundig wenig.

Finanzbeirat: "Brenner

will Risiko abbauen"

Die Veranlagungsstrategie des Landes war am 25. September und in den Tagen davor auch Thema intensiver Gespräche des Finanzbeirates des Landes. Das schon öfters genannte Gremium besteht aus überaus honorigen Personen. Neben Finanzdirektor Eduard Paulus gehörten ihm zwei Experten an, die in Bankkreisen über Österreich hinaus Reputation haben: Utz Greiner von Schwab, Ley & Greiner sowie Lauri Karp von der Frankfurter KFPD. Bei beiden Firmen handelt es sich um Finanzberater, die sich auf Derivativ-Geschäfte spezialisiert haben.

Ein der "Wiener Zeitung" vorliegendes E-Mail entlastet eigentlich David Brenner. Aus medienrechtlichen Gründen dürfen wir es nicht veröffentlichen, da auch andere Personen genannt werden. Utz Greiner schreibt darin an Eduard Paulus am 25. September: "Ausgangspunkt unserer Empfehlungen für das Land ist ein klarer Auftrag von Landeshauptmann-Stellvertreter Brenner, Komplexität und Risiko aus den Derivaten abzubauen." Paulus leitete dieses E-Mail - inklusive einer Bestätigung des Gesagten durch Lauri Karp - am 26. September an Brenner weiter.

Bis Jänner steht fest, ob und wie viel Geld weg ist

Brenner, dazu befragt: "Ich habe im Oktober nochmals in der Finanzabteilung gefragt, ob es Verluste gibt, und bekam zur Antwort, nein, es gibt keine Verluste." Am 26. November schließlich erklärte die Referatsleiterin, nachdem weitere Geschäfte auftauchten, die sich im offiziellen Portfolio-Bericht fanden, dass es nicht möglich sei, aus diesen Geschäften auszusteigen. Am 5. Dezember tauchten die mutmaßlichen Unterschriftsfälschungen auf, am 6. Dezember ging Brenner an die Öffentlichkeit.

Am 23. Jänner wird Brenner zurücktreten. Bis dahin wird sicher feststehen, ob sich das Verlustpotenzial erhöht oder auch verringert. Wenn es möglich ist, aus den Geschäften ohne gröbere Verluste auszusteigen, wird sich allerdings auch das Neuwahl-Szenario deutlich verändern. Dann würde sich der politische Druck auf die Volkspartei verlagern, da die dieser Partei zugehörigen Beamten wie Paulus und der Chef der Personalbeteilung den SPÖ-Mann Brenner gar nicht oder zu spät informierten.

Nach Vorliegen der ersten Ergebnisse Anfang Jänner wird auch klar sein, welche Verantwortung den Finanzbeirat trifft. Paulus stand diesem Gremium vor, die Frage ist aber auch, was Lauri Karp aus Frankfurt wusste. "Die Dame (die Referatsleiterin; Anm.) war in Frankfurt und London gut bekannt", so ein Investmentbanker zur "Wiener Zeitung". Das neben den offiziellen 1,7 Landes-Milliarden veranlagte Nominale lag demnach wie exklusiv berichtet bei "mehreren Milliarden Euro", sagte ein Banker. Warum dem in Frankfurt beheimateten und in der Branche bewanderten Lauri Karp davon nichts aufgefallen ist, ist offen. Weder von Greiner noch von Karp waren am Freitag Stellungnahmen zu erhalten.

Haftung von Banken und Finanzbeirat?

Im Verlustfall wird noch die Frage von möglichen Schadenersatzforderungen gegen die Banken zu klären sein, die diese Orders tätigten. Möglicherweise haben sie nicht überprüft, ob diese Referatsleiterin solche Geschäfte überhaupt tätigen durfte. Dass sie - wie derzeit vorliegt - die ihr auferlegten Veranlagungslimits überstieg, sollte auch den Banken in Frankfurt und London klar gewesen sein. Außer jemand in der Salzburger Landesregierung hat das genehmigt. Das werden nun die Prüfungen klären, für die - wie der "Wiener Zeitung" mitgeteilt wurde - bereits jetzt neben dem anerkannten Investmentbanker Wilhelm Hemetsberger auch Experten der Bundesfinanzierungsagentur beigezogen werden. Bis Jänner wird jedenfalls wild gerechnet werden. Welches Ergebnis sich David Brenner und Gabi Burgstaller zu Weihnachten wünschen, dürfte klar sein.

Unabhängig davon bleibt aber die von vielen Bankern erhobene Forderung: Öffentlichen Körperschaften sollten derartige Geschäfte einfach verboten werden. Das Land Salzburg verfügt über ein Jahresbudget von etwa 2,2 Milliarden Euro. Die offiziellen "Zinssicherungsgeschäfte" machen ein Volumen von fast 900 Millionen Euro aus. Dazu kommen nun noch die "daneben" getätigten Geschäfte aus der Finanzabteilung des Landes in Höhe von mehreren Milliarden Euro. Selbst wenn das Nominale über das Risiko wenig aussagt, ist doch eines klar: Diese Geschäfte sind für ein Bundesland wie Salzburg weit überdimensioniert. Zu diesem Schluss wird wohl auch der nun erneut prüfende Rechnungshof kommen, der die Gebarung des Landes noch einmal genau unter die Lupe nimmt. Die Frage, warum ihm bei der jüngsten Prüfung nichts aufgefallen ist, wird er ebenfalls erklären müssen.