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Mehr Frauen fürs Heer

Von Veronika Eschbacher

Politik

SPÖ sieht durch Berufsheer mehr Chancen für Soldatinnen.


Wien. War Verteidigungsminister Norbert Darabos bisher beim Rühren der Werbetrommel für das Berufsheer ziemlich allein auf weiter Flur, erhielt er nun - knapp ein Monat vor der Volksbefragung zur Wehrpflicht - Schützenhilfe von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Die von der SPÖ angestrebte Umstellung auf ein Berufsheer würde als weiteren Vorteil mehr Frauen in den Streitkräften bedeuten, erklärten die beiden SPÖ-Minister am Montag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Aktuell liegt der Frauenanteil beim österreichischen Bundesheer bei mageren zwei Prozent (laut Minister, laut Verteidigungsministerium bei 3,3 Prozent). Die Hauptschuld für dieses "Armutszeugnis" trägt laut Darabos nicht seine eigene Untätigkeit in seinen bald sechs Jahren als Verteidigungsminister, sondern das System der Wehrpflicht. "Trotz vieler Bemühungen in den vergangenen Jahren gelingt es aufgrund der Wehrpflicht nicht, den Soldatinnenanteil zu erhöhen", heißt es aus dem Kabinett des Ministers. Das Wehrpflichtsystem führt dem Bundesheer jährlich 23.000 junge Männer zu. Infolge bestehe nur wenig Notwendigkeit, sich aktiv um weibliche Rekrutinnen zu bemühen, sagt Darabos.

Frauen beim Heer bringen laut Verteidigungsminister einen "realen Sicherheitsgewinn", ihre Leistungen seien anerkannt. Laut Heinisch-Hosek könnten Frauen zudem durch ihr Know-how und ihre Zugänge das Bundesheer vielfältiger machen. Beide verwiesen darauf, dass weibliche Offizierinnen bei internationalen Einsätzen eine wesentliche Bereicherung seien, da die "Geschlechterperspektive" in Krisenregionen nicht zu vernachlässigen sei.

Ziel: 15 Prozent Frauen

Ein Berufsheer mit Milizkomponente könne "ungeahnte Chancen" eröffnen und ungenütztes Potenzial heben, sagt Darabos. Er sieht sich durch internationale Vorbilder bestätigt: Irland habe einen Soldatinnenanteil von sechs Prozent, in Deutschland betrage er knapp zehn Prozent und in Schweden, das sich zuletzt von der Wehrpflicht verabschiedet hatte, sind es bald 15 Prozent. Rund sechs Prozent ist der Zielwert, den Darabos für 2015 in Österreich anstrebt - vorausgesetzt, die Wehrpflicht fällt im Jänner. "Im Endausbau" könnten es 15 Prozent sein, meinte er mit Verweis auf den in etwa gleich hohen Polizistinnenanteil in Österreich.

Ob ein so schneller Anstieg gelingt, ist fraglich. Aus dem deutschen Verteidigungsministerium heißt es, dass der Frauenanteil bei der Bundeswehr aktuell gute neun Prozent betrage. "Eine signifikante Änderung seit der Aussetzung der Wehrpflicht hat es nicht gegeben, aber eine langsam ansteigende Tendenz ist zu verzeichnen", so ein Sprecher zur "Wiener Zeitung". Zuvor lag die Frauenquote bei etwa acht Prozent, die leichte Erhöhung führt man vor allem auf die Öffnung des Freiwilligen Wehrdiensts für Frauen zurück. Der Freiwillige Wehrdienst ist neben Berufs- und Zeitsoldaten eine dritte Schiene, über die man zwischen 6 und 23 Monate Wehrdienst leisten kann.

Auch ein Blick auf die Berufsheer-Pilotprojekte des Ministers Darabos zeugt nicht von einem stärkeren Frauenzulauf als bisher. Für die "Profimiliz" - zwei Pionierkompanien in Salzburg und Niederösterreich - wurden bisher insgesamt zwei Frauen rekrutiert im Vergleich zu 84 beziehungsweise 94 Männern. Im Pilotprojekt "Musterverband Jägerbataillon 25", das nur noch über Berufs- und Zeitsoldaten verfügt, findet man unter etwa 300 rekrutierten eine weibliche Soldatin.

Grüne Empfehlung

In einer Reaktion auf die Ausführungen der SPÖ-Minister ließ die ÖVP wissen, dass sie es nicht verstehe, warum es ein Berufsheer brauche, um Soldatinnen zu werben. Die Möglichkeit, dass Frauen zum Bundesheer gingen, gebe es auch jetzt schon, sagte ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch.

Indes einigten sich die Grünen. Sie empfehlen offiziell, bei der Volksbefragung für die Abschaffung der Wehrpflicht zu stimmen. Dies sei die Voraussetzung für eine Reform des Bundesheeres. Zudem liege "keine konventionelle Bedrohung" des Staatsgebietes vor, sondern es gehe in Zukunft schlicht um Friedensaufgaben und Assistenzleistungen, was auch die Bundesheer-Reformkommission im Abschlussbericht so festgehalten habe. "Wehrpflicht ist die sinnloseste Aufgabe des Bundesheers", sagt Sicherheitssprecher Peter Pilz.

Laut Market-Umfrage für den "Standard" würden aktuell 57 Prozent für die Wehrpflicht stimmen, 42 Prozent dagegen.