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Kronzeuge mit Erinnerungslücken

Von Sarah Dyduch

Politik

Mit Spannung erwartete Aussage des Vermögensberaters Mark Cliff enttäuschte.


Wien. Die große Enttäuschung kam in Person des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters Mark Cliff. Der im Vorfeld des Verhandlungstages am Dienstag als "Kronzeuge" im Mensdorff-Prozess bezeichnete Brite wurde den Ankündigungen nicht gerecht. Mit seinen Aussagen stützte er die Anklage von Staatsanwalt Michael Radasztics nur bedingt. Radasztics muss den Vorwurf, Alfons Mensdorff-Pouilly habe gemeinsam mit einigen Managern des Rüstungskonzerns BAE Systems eine kriminelle Organisation gebildet und Gelder zu Korruptionszwecken verschoben, beweisen. Nachdem aber sämtliche geladenen BAE-Zeugen im Dezember erklärt hatten, nicht aussagen zu wollen, ruhte die Hoffnung des Staatsanwalts nun auf Mark Cliff. Dieser ist der ehemalige Vermögensberater von Timothy Landon, dem Mentor von Mensdorff-Pouilly beim Rüstungskonzern BAE Systems.

Der Brite bestätigte beim drittletzten Prozesstag am Wiener Landesgericht aber weder Mensdorffs angebliche Verwicklung in "Drittzahlungen" noch eine "Schmiergeld"-Besprechung" bei BAE Systems, an der Mensdorff laut Anklage teilgenommen haben soll. Vor vier Jahren saß Cliff selbst auf der Anklagebank der britischen Strafverfolgungbehörde Serious Fraud Office (SFO). Damals gab er zu Protokoll, Mensdorff sei bei Gesprächen dabei gewesen, bei denen es um die Bezahlung von "Schmiergeldern" gegangen sei. Diese Aussage wollte der 55-Jährige gegenüber Richter Stefan Apostol nun nicht mehr aufrechterhalten. Ob es bei dem Treffen wirklich um Bestechungsgelder gegangen sei, habe er nie sicher gewusst. Bei seiner Aussage 2009 habe er "Suggestivfragen" des SFO beantwortet.

Brodman ist "Alis Firma"

Einzig in einem Punkt belastete der Brite Mensdorff. Auf die Frage des Richters, wem denn die Briefkastenfirma Brodmann Business S.A. gehöre, antworte Cliff, dies sei seines Wissens nach "Alis Firma". Über Brodmann sollen 12,6 Millionen Euro geflossen sein, die BAE laut Anklage an Mensdorff überwiesen habe, damit dieser mit dem Geld Entscheidungsträger bestechen könne. Mensdorff behauptet, die Firma habe dem 2007 an Krebs verstorbenen Landon gehört, für den er mit Brodmann-Geldern treuhändisch in dessen Auftrag Investitionen getätigt habe.

Richter Apostol thematisierte bei seiner Befragung auch den Eurofighter-Ankauf. Ob es zu Bestechungszahlungen gekommen sei, wollte er von Cliff wissen. "Es ist schwer, es auf andere Weise auszudrücken. Aber ohne Details vor sich zu haben, ist es schwer, es mit Sicherheit zu sagen", antwortete der Brite. Ihm sei aber von Mensdorff versichert worden, "dass keine Schmiergelder bezahlt wurden".

Generell wirkte Cliff, der dem Gericht durch eine Videokonferenz zugeschaltet war, entnervt ob der Befragung. Gleich zu Beginn stellte er klar, seine detaillierten Angaben gegenüber dem SFO schon vor Jahren gemacht zu haben. Seine Erinnerung sei nicht mehr frisch, er könne sich daher nicht mehr an alles erinnern, was er damals zu Protokoll gegeben hatte. Und so antwortete er auch auf fast jede Frage mit: "Daran kann ich mich nicht erinnern, das müssen Sie meiner Aussage beim SFO entnehmen." Frustration über die nicht eingetretene, aber erwartete Kronzeugenaussage war unter den Gerichtskiebitzen zu bemerken: Die zu Beginn des Prozesstages noch vollen Reihen im Gerichtssaal leerten sich während der zweistündigen Videokonferenz zunehmend. "Warum", murrte einer der Schaulustigen, "fragt der Richter auch nur nach Dingen, an die sich der Cliff nicht mehr erinnern kann?"