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Steirisches Bettelverbot: "Haben so lange darauf gewartet"

Von Bettina Figl

Politik

Graz. Im Mai 2012 saß er selbst in der Grazer Herrengasse und bettelte, um auf das strikte Bettelverbot in der Steiermark aufmerksam zu machen. Nachdem der Verfassungsgerichtshof (VfGH) am Donnerstag das Bettelverbot in der Steiermark aufgehoben hat, zeigte sich Armenpfarrer Wolfgang Pucher erfreut, aber nicht überrascht: "Wir haben so lange darauf gewartet. Ich war immer überzeugt, dass das Verbot der europäischen Menschenrechtskonvention widerspricht."

In anderen Bundesländern hatte der VfGH bereits entschieden, das Verbot von bestimmten Formen der Bettelei - wie Betteln mit Kindern - sei zulässig. Das mache auch Sinn, so Norbert Ceipek, Leiter der "Drehscheibe", die sich in Wien um die Opfer von Kinderhandel kümmert, denn: "Erwachsene können sich wehren, Kinder nicht." In der Steiermark dagegen bestand ein generelles Bettelverbot, die Einrichtung von Erlaubniszonen war nicht verpflichtend. Das wurde nun für verfassungswidrig erklärt. "Reparaturfrist" wird es keine geben, damit ist die Vorgängerregelung wieder in Kraft zu setzen. Sie stellt aufdringliches Betteln und Betteln mit Minderjährigen unter Strafe, enthält aber kein generelles Bettelverbot. "Nun ist endlich österreichweit klar, dass man diese Menschen nicht dauernd vertreiben und diskriminieren kann, um sie loszuwerden", sagt Pucher, Gründer zahlreicher "Vinzi"-Sozialeinrichtungen, der 1992 in Graz eine Zeltstadt für illegale bosnische Flüchtlinge errichtet hat.

Die derzeitige Protestbewegung in der Wiener Votivkirche weckt in ihm Erinnerungen daran, und auch wenn Pucher deren Forderungen nicht kommentieren will, ist er mit der Art des Protests (die Flüchtlinge befinden sich im Hungerstreik, Anm.) "voll einverstanden", denn: "Leid wird erst bemerkt, wenn man es in überzogener Weise sichtbar macht. Die Versorgung für Obdachlose in Graz war äußerst mies, die Notschlafstellen haben erst spät eröffnet, ohne Zeltstadt hätte es das nie gegeben".

Ex-Bettler in Projekten

"Die Situation der Zuwanderer in Europa ist äußerst schlecht, dass es in Österreich auch nicht optimal läuft, wissen wir", so Pucher, und spricht sich für menschenwürdige Unterbringungen und Arbeitsmöglichkeit für Menschen ohne Aufenthaltsbewilligung aus. Seine Projekte mit Bettlern würden es vorzeigen: 40 ehemalige Bettler sind seit 1990 in Projekten beschäftigt. "Es muss ein Weg gefunden werden, damit diese Menschen nicht jahrelang untätig herumsitzen müssen, in illegale Sachen einsteigen und dann kriminalisiert werden." Zumindest ein Zuverdienst müsse man ermöglichen, schließlich habe die Legalisierung auch in den Pflegeberufen funktioniert.