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Wer warum wofür stimmte

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Ältere klar für Wehrpflicht, aber wie stimmten eigentlich die Jungen?


Wien. Die Älteren und die Landbevölkerung stimmten für die Wehrpflicht, die Jüngeren und die urbane Bevölkerung für das Berufsheer. Es wäre eine sehr bequeme Erklärung für das Ergebnis der Volksbefragung am Sonntag. Aber stimmt sie auch?

Zumindest was das Wahlverhalten der über 60-Jährigen angeht, dürfte diese Analyse durchaus zutreffen. Hier zeichnen die Meinungsforschungsinstitute GfK Austria (für Arge Wahlen), das Sora-Institut (für den ORF) und Peter Hajek (für ATV) ein weitgehend ähnliches Bild: eine Zustimmung zur Wehrpflicht von 69 (GfK), 66 (Hajek) beziehungsweise 71 Prozent (Sora) der Stimmberechtigten über 60. Diese Altersgruppe ist also deutlich stärker für Wehrpflicht/Zivildienst, als der Österreich-Schnitt (59,8).

Bei den Jungen hingegen, also der Altersgruppe von 16 bis 29, klaffen die Umfrageergebnisse je nach Meinungsforschungsinstitut klar auseinander. Während der ORF am Sonntag unter Berufung auf Sora in Endlosschlaufe berichtete, dass die bis 29-Jährigen sich zu 63 Prozent für ein Berufsheer entschieden hätten, steht es bei Hajek in dieser Altersgruppe 50:50, GfK sieht hingegen auch hier die Wehrpflichtbefürworter voran - mit 55 Prozent sogar deutlicher als bei den 30- bis 44-Jährigen (53 Prozent). Allerdings handelt es sich bei den GfK-Ergebnissen um kumulierte Umfrage-Daten vom Dezember und Jänner, die laut Arge Wahlen nach Vorliegen des Ergebnisses entsprechend gewichtet wurden.

Auch Städte klar für Wehrpflicht - außer Wien

Im Bereich der Altersgruppen stimmt die eingangs angeführte Analyse also nur zum Teil. Doch wie sieht es mit dem Stadt-Land-Gefälle aus? Auch das stimmt nur bedingt. Nach dem Erhalt des Zivildienstes (74 Prozent laut Sora) und "wichtiger Beitrag der Jugend" (70) war Katastrophenschutz (63) das drittstärkste Argument für die Wehrpflichtbefürworter. Allerdings spielt das für den ländlichen Raum eine wesentlich größere Rolle als etwa für Wien, wo beispielsweise mit Lawinen eher selten zu rechnen ist. In der Bundeshauptstadt sprachen sich denn auch 53,9 Prozent für das Berufsheer aus.

Daraus allerdings einen städtischen Trend abzuleiten, wäre nicht ganz richtig, denn in Graz (57,7 Prozent), Linz (62,6) oder Salzburg (56,6) war eine klare Mehrheit für die Wehrpflicht. Allerdings muss dazu gesagt werden, dass die jeweiligen Bundesländerergebnisse noch deutlicher pro Wehrpflicht ausgingen, als die der Landeshauptstädte. Die einzigen ländlichen Bezirke mit einer Mehrheit für das Berufsheer waren übrigens alle im Burgenland: Eisenstadt-Umgebung, Mattersburg und Oberpullendorf.

In Wien gab es nur in drei dezidiert bürgerlichen Bezirken eine Mehrheit für die Wehrpflicht, nämlich in der Inneren Stadt, in Hietzing und in Döbling. Alle anderen Bezirke stimmten mehrheitlich für das Berufsheer. Am deutlichsten übrigens das grün regierte Neubau mit 60,9 Prozent. Von allen österreichischen Gemeinden die höchste Zustimmung zum Berufsheer gab es in Tschanigraben (Burgenland, Bezirk Güssing) mit 76,7 Prozent. Die meisten Wehrpflichtfans hat mit 92,4 Prozent Schröcken (Bezirk Bregenz).

Von allen Bundesländern hatte Wien die geringste Abstimmungsbeteiligung, auch wenn sie sich in der Bundeshauptstadt dank der Wahlkarten noch von 40,2 auf 44,1 Prozent erhöht. Insgesamt war die Bereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher, an der Volksbefragung teilzunehmen, aber unerwartet hoch. Dank der Wahlkarten stieg die Abstimmungsbeteiligung sogar auf über 50 Prozent. Die geringste Wahlbeteiligung aller Gemeinden wies Jungholz im Tiroler Bezirk Reutte mit 24,5 Prozent auf, die höchste Grabern (Bezirk Hollabrunn, NÖ) mit 82,5 Prozent.

"Die Dinge selbst indie Hand nehmen"

Laut einer Studie der Sozialwissenschaftlichen Studiengesellschaft (SWS) gab es vor allem zwei Motive, die die Menschen an die Urnen führten: "Das Versprechen eines bindenden Ergebnisses könnte ein Motivationsgrund gewesen sein. Dazu kommt die starke Politikverdrossenheit der letzten Jahre, die nun in der Entscheidung mündet, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen", erklärte Marc Bittner, Geschäftsführer von SWS, am Montag vor Journalisten.

Allerdings ging die Hälfte der Österreicher am Sonntag nicht zur Volksbefragung. Die häufigste Begründung: "Es interessiert mich einfach nicht." Bei Hajek geben dies 18 Prozent an, bei SWS sogar 29 Prozent. Auch das parteipolitische Hick-Hack um die Volksbefragung ließ viele daheimbleiben.

Während laut market immerhin 14 Prozent den Urnen fern blieben, weil sie sich zu schlecht informiert fühlten, gaben dies bei Hajek nur vier Prozent an. Der häufigste Grund für eine Nicht-Teilnahme bei den 16- bis 29-Jährigen war übrigens "keine Zeit" (31 Prozent, Hajek).