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Zivildienst auch für Frauen?

Von Brigitte Pechar

Politik
Freiwillig arbeiten können Mädchen schon jetzt - im Freiwilligen Sozialen Jahr. Das gibt es neben dem Zivildienst und ist noch schlechter bezahlt: 220 Euro Taschengeld plus Kostgeld.
© David Miklas

Auch ein Sozialjahr für alle wäre denkbar.


Wien. Der Zivildienst hat die Volksbefragung pro Wehrpflicht maßgeblich beeinflusst. Am Tag danach kam daher von der Regierung die Klarstellung, dass am Zivildienst nicht gerüttelt werden soll. Auch die Dauer von neun Monaten - gegenüber sechs Monaten Präsenzdienst beim Heer - soll laut Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) so bleiben. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) plädierte wiederum dafür, den Zivildienst zu den gegenwärtigen Rahmenbedingungen auch für Frauen zu öffnen. Doch auch da will Hundstorfer nicht mitziehen, weil er die Gefahr des Lohndumpings sieht.

Sozialexperte Bernd Marin leitet aus dem Ergebnis der Volksbefragung drei Punkte ab: Der Zivildienst muss der Wehrpflicht

gleichwertig nach Zeit,

gleichwertig nach Geschlecht

und gleichwertig nach Alter sein.

Die Diskriminierung der Zivildiener gegenüber den Präsenzdienern - was die längere Dauer betreffe - sei unannehmbar, sagte Marin im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Er forderte, dass diese "unsachliche und untragbare Ungleichstellung" aufgehoben wird und Wehr- und Zivildienst gleich lange dauern.

Auch Altersdiskriminierung dürfe nicht entstehen, sagte Marin, und Pflichtdienste sollten in jedem Lebensalter abgeleistet werden können. Es sei geradezu ein Versäumnis, das Potenzial der Pensionisten über ein Vierteljahrhundert lang nicht zu nützen.

Ab 2030 Sozialjahr auch für Frauen

Unbedingt freigeben sollte man laut Marin den Zivildienst auch für Frauen - vorerst auf freiwilliger Basis. Allerdings ist Marin überzeugt, dass der Europäische Gerichtshof längerfristig ohnehin in Richtung geschlechtsneutrale Wehrpflicht - also Wehrpflicht auch für Frauen - entscheiden wird. Das werde vielleicht nicht bis 2020 geschehen, aber bis etwa 2030 müsse man damit rechnen, dass dann auch Frauen einrücken müssten, glaubt Marin. Es sei - wenn die Gleichstellung in anderen Bereichen weithin erreicht sei - kaum mehr begründbar, dass Burschen zu 6 bis 9 Monaten verpflichtet werden und Mädchen nicht. "Das erfordert freilich auch wirkliches Halbe-Halbe bei der Gesamtlebensarbeitszeit und der immer noch überwiegenden unbezahlten Arbeit im Haushaltssektor, dem wichtigsten Grund ungleicher Bezahlung beruflicher Erwerbsarbeit", sagt Marin.

Spätestens dann müsse man ein Sozialjahr neu überlegen. Er gehe da konform mit dem verstorbenen Soziologen Ralf Dahrendorf, der einen Bürgerservicedienst für alle vorgeschlagen hat. Dieser sollte zu irgendeinem Zeitpunkt im Leben geleistet werden können, auch in oder unmittelbar vor der Pension. An eine Verpflichtung zu einem solchen Sozialjahr könnten weitgehende Berechtigungen geknüpft werden, etwa jederzeit (z.B. nach sieben Beitragsjahren) Sozialversicherungs-/Pensionsfonds für bezahlte Auszeiten (Familienzeiten, Bildungsurlaube, Sabbaticals) in Anspruch nehmen zu können. Allerdings habe dann der Staat auch die Verpflichtung, sinnvolle, werthaltige Tätigkeiten anzubieten, wo man auch Qualifikationen erwerben und wertvolle Erfahrungen machen könne, sagt Marin.

Die Sozialistische Jugend und der designierte Tiroler SPÖ-Chef Gerhard Reheis wollen jedenfalls eine Debatte über den Zivildienst und vor allem eine Verkürzung auf sechs Monate beginnen. Eine Parteilinie dazu gibt es übrigens noch nicht. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter findet, dieses Thema sollte in den Gesprächen über eine Wehrpflicht-Reform mit auf die Agenda.

Grüne, Team Stronach und Bundesjugendvertretung sind ebenso für eine Angleichung der Dauer von Zivil- und Wehrdienst. Die Blaulichtorganisationen Rotes Kreuz und Arbeiter-Samariterbund argumentieren für eine längere Zivildienstzeit mit dem Verweis auf die zweimonatige Ausbildungsdauer für Sanitäter.

Caritas-Präsident Franz Küberl meinte indes, dass der Zivildienst in Relation zum Wehrdienst stehen solle. Werde die Wehrpflicht verkürzt, müsse man auch "vernünftig" über eine Verkürzung des Zivildienstes reden. In jedem Fall wünscht sich Küberl künftig ein höheres Taggeld für Zivildiener. Auch einer Öffnung des Zivildienstes für Frauen auf freiwilliger Basis steht er positiv gegenüber. Der Caritas-Präsident fordert außerdem, dass alle Zivildiener gleich viel wert sein sollen.