Wien. Es ging um die Lehre, geredet wurde besonders viel über das Schulsystem. "Lehre: Misere oder Karriere?" lautete der Titel der ersten Podiumsdiskussion, die der "Verein Wirtschaft für Integration" (VWFI) heuer veranstaltete. Erstmals wurde im Wiener Looshaus diskutiert, um in den dortigen Räumlichkeiten das Publikum stärker einzubinden.

Zwar ist der Ruf der Lehre in der Öffentlichkeit schlecht, doch 56 Prozent der Jugendlichen glauben mit ihr gleich gute Aussichten zu haben, wie mit der Matura, berichtete die Moderatorin Meri Disoski vom VWFI. Der Optimismus scheint berechtigt zu sein. Mehr als 50 Prozent aller Ausschreibungen richten sich an Lehrabsolventen, nur fünf Prozent an Akademiker. Zu diesem Studien-Ergebnis kam Helmut Dornmayr vom Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft. Mehr noch: 39 Prozent aller Führungspositionen in der Wirtschaft haben Lehrabsolventen inne. Dornmayr beklagte daher das "schlechte Image des Lehrberufs".

Bewusstseinsbildung in AHS

Was ebenfalls kaum bekannt ist: Der Anteil an Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist unter Lehrlingsabsolventen noch geringer als bei Maturanten. Viele Zuwandererfamilien wüssten nicht über hiesige Berufsausbildungsmöglichkeiten Bescheid, weil diese in ihren Herkunftsländern fehlten, berichteten Anwesende. "Die Eltern wissen oft nicht, wie sie ihnen am besten helfen", betonte Margit Wolf von der Interface GmbH. Einige Anwesende kritisierten fehlende Bewusstseinsarbeit, in der AHS-Unterstufe. Andererseits wüssten einige Unternehmen mit Lehrausbildung die Mehrsprachigkeit als Qualifikation zu wenig zu schätzen. "Die Zukunft der Lehre wird in Kindergarten und Schule entschieden", meinte VWFI-Obmann Georg Kraft-Kinz. Es gehe vor allem um Elternbildung. Und: "Kein Kind soll ohne Abschluss aus der Schule gehen."

Einige Forderungen wurden formuliert: die Einführung von Ganztagsschulen, eine Ausweitung der Schulpflicht, mehr Unterstützung für die Lehrlingsausbildung bei Betrieben, vor allem der ethnischen Ökonomien.