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"Es gibt keine Zugeständnisse"

Von Reinhard Göweil

Politik

RH-Bericht zum Innenministerium erscheint in vier bis sechs Wochen.


Wien. "Wer bei Prüfungen einmal Zugeständnisse macht, wird erpressbar. Wir lassen uns im Rechnungshof bei der Aufgabendurchführung nicht beeinflussen", sagte Rechnungshof-Präsident Josef Moser auf die Frage der "Wiener Zeitung", wie er denn generell mit Polit-Interventionen umgehe. "Bei den Inhalten machen wir keine Abstriche."

Die Diskussion um den Rechnungshof-Bericht über die (freihändige) Vergabepraxis des Innenministeriums unter Maria Fekter (jetzt Finanzministerin) ließ die Frage entstehen, welchen Weg solche Berichte gehen.

Der Rohbericht (im Fachjargon Prüfungsergebnis) wird der geprüften Stelle übermittelt, und zwar den jeweils Ressortverantwortlichen. Den gegenständlichen Bericht über die freihändige Vergabe von Beratungsaufträgen in Höhe von mehreren hunderttausend Euro erhielt die Innenministerin persönlich, also Johanna Mikl-Leitner. "Was diese Stellen mit dem Bericht machen, darauf haben wir keinen Einfluss. Aber es gibt eine dreimonatige Frist für Stellungnahmen, die eingearbeitet werden", sagte Moser."

Mikl-Leitner bekam Bericht

Die "Wiener Zeitung" fragte im Büro Mikl-Leitner nach, was denn mit diesem Rohbericht geschehen sei. Bis Redaktionsschluss lag aber keine Antwort vor. Fekter, die dazu erst bei der Sondersitzung im Nationalrat Stellung nehmen muss, erklärte jüngst, dass sie selbst den Rohbericht nicht kannte. Der Bericht selbst befindet sich - so der Rechnungshof - "in Endredaktion" und dürfte in vier bis sechs Wochen vorliegen (je nach Drucktermin).

Der "Falter" zitierte daraus und schrieb auch, dass er 154 Seiten umfasse. Demnach habe die Homepage "innensicher.at" inklusive "Leitbildprozess" 551.000 Euro gekostet. Die Homepage selber wird - wie berichtet - von IT-Experten auf maximal 20.000 Euro geschätzt.

Wie die Reaktion des Innenministeriums auf den überaus kritischen Bericht ausfiel, ist noch unbekannt. Moser: "Wir geben keine Stellungnahme ab."

Bericht geht ans Parlament

Der fertige Bericht wird dann dem Rechnungshof-Ausschuss im Nationalrat vorgelegt. Dessen Vorsitzender ist der grüne Abgeordnete Werner Kogler. Die Abgeordneten hinterfragen die Berichte und können sich ein Bild über die Ergebnisse machen.

Danach werden die Berichte im Plenum des Nationalrates behandelt. Denn der Rechnungshof ist ein Kontrollorgan des Parlaments, nicht der Regierung. Der Präsident wird vom Nationalrat auf zwölf Jahre bestellt. Mosers Amtszeit endet Ende Juni 2016. Da der Präsident nicht wiedergewählt werden kann, ist er ziemlich unabhängig von politischen Interventionsversuchen.

Wenn Prüfungs-Beamte solchen "Wünschen" ausgesetzt sind, können die sich im Zweifelsfall auch an einen "Ethik-Board" wenden, der aus je zwei Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern des Rechnungshofes besteht.

Auch Moser rückt immer wieder aus. Als der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll im Juni vorigen Jahres den Rechnungshof wild attackierte, weil der Spekulationsverluste der Wohnbaugeld-Veranlagungen aufrechnete, ging Moser selbst an die Öffentlichkeit. Die ÖVP Niederösterreich bestimmte aber mit ihrer Mehrheit im Landtag, dass dieser Bericht "nicht zur Kenntnis genommen" werde.

Moser: "Welche politischen Konsequenzen aus unseren Berichten gezogen werden, darauf haben wir keinen Einfluss."

Der aktuelle Bericht über das Innenministerium, in dem von Coaching-Ausgaben für Medienauftritte Maria Fekters in Höhe von mehr als 200.000 Euro die Rede ist, wird sich wohl nicht so einfach wegräumen lassen. Grüne, FPÖ, BZÖ und das Team Stronach wollen ihn ausführlich behandeln.

Vom Koalitionspartner SPÖ kam dazu bis heute kein Sterbenswörtchen. Dafür war Peter Pilz von den Grünen umso deutlicher. Er bezeichnete die ÖVP als "Mutterpartei der Korruption".

Das Innenministerium hat auf Beamtenebene reagiert, es werden alle Vorwürfe zurückgewiesen, alles sei rechtens gewesen.

Der Vorwurf, der im Raum steht: Profiteur der Auftragsvergaben war Christoph Ulmer, dessen Werbeagentur Headquarter zur gleichen Zeit die ÖVP betreute. Ulmer war zuvor im Kabinett von Ernst Strasser tätig, ließ sich 2004 karenzieren und machte als Manager Geschäfte mit dem Innenministerium. So betreute er dort auch Werbekampagnen.

2012 musste sich Ulmer im Korruptions-U-Ausschuss verantworten, rund um die umstrittene Auftragsvergabe beim Blaulichtfunk "Tetron". Dort machte Motorola mit, für das Alfons Mensdorff-Pouilly lobbyierte.