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Zwei Länder, ein Problem

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Pro-Kopf-Verschuldung zehnmal so hoch wie in Vorarlberg.


Wien. Es gibt drei Bundesländer, die dem Rechnungshof (RH) in Sachen Schulden doch ziemliche Sorgen bereiten: Tirol, Kärnten und Niederösterreich.

Auf Tirol hat der RH deshalb ein besonderes Auge, weil sich dort die Schulden seit 2005 mehr als verdoppelt haben. Allerdings sind die Tiroler Verbindlichkeiten mit knapp 400 Millionen Euro (nach den Maastrichtkriterien), also rund 560 Euro pro Einwohner noch relativ überschaubar. In Kärnten und Niederösterreich schaut das etwas anders aus. Das Land unter der Enns steht mit mehr als 7 Milliarden Euro in der Kreide. Das sind pro Kopf rund 4525 Euro. Noch tiefer in den roten Zahlen ist Kärnten mit 4616 Euro Schulden pro Kopf (insgesamt 2,58 Milliarden Euro).

Das ist mehr als das Zehnfache von Vorarlberg, das mit weniger als 450 Euro pro Kopf verschuldet ist. Damit haben Kärnten und Niederösterreich nicht nur den nächsten Landtagswahltermin - 3. März - gemein, sondern auch ein finanzielles Problem. Denn die Schulden werden nicht weniger.

"Maßnahmen reichen nicht"

Wie es zu den Schuldenbergen kam, ist relativ einfach: Man hat einfach mehr ausgegeben, als man eingenommen hat - und zwar konstant und über Jahre. Während in Kärnten etwa zwischen 2005 und 2020 die Einnahmen des Landeshaushalts um 20 Prozent stiegen, wuchsen die Ausgaben um 26 Prozent. In Niederösterreich standen 14-prozentigen Einnahmensteigerungen 19-prozentige Ausgabensteigerungen gegenüber.

In diesem Zeitraum haben sich die Finanzschulden beider Länder mehr als verdoppelt. Und auch die weiteren Aussichten sind nicht wirklich gut: "Die geplanten Maßnahmen reichen nicht aus, um den Schuldenstand zu verringern", schreibt der Rechnungshof zu Kärnten. Bei Niederösterreich gebe es zumindest die Absicht, mittelfristig eine Konsolidierung anzustreben.

Dabei hat Niederösterreich allerdings auch etwas mehr Spielraum, denn während in Kärnten rund 84 Prozent der Gesamtausgaben des Landes Pflichtausgaben sind (vor allem Gehälter der Landesbediensteten), sind das bei Niederösterreich nur rund 62 Prozent.

Trotz ihrer gewaltigen Verbindlichkeiten sind die beiden Länder aber nicht etwa pleite. Niederösterreich hat (trotz Spekulationen) ein beträchtliches Finanzvermögen aus dem Verkauf der Wohnbaudarlehen. Auch Kärntens Familiensilber ist noch nicht ganz weg. Im "Zukunftsfonds", der aus dem Hypo-Verkauf gespeist wurde, sind noch hunderte Millionen Euro. Damit sollen Projekte unterstützt werden, die den Standort stärken. Allerdings haben die Freiheitlichen im Wahlkampf ein Auge auf den Fonds geworfen und wollen das Geld lieber wählerwirksam unters Volk bringen.

Kärntner Probleme

Aller finanziellen Gemeinsamkeiten gibt es aber vieles, was Kärnten und Niederösterreich trennt - abgesehen davon, dass sich die Landeshauptmänner Erwin Pröll (NÖ, ÖVP) und Gerhard Dörfler (Kärnten, FPK) nicht ausstehen können.

Kärnten hat nämlich im Gegensatz zu Niederösterreich ein strukturelles, demografisches und auch "ein Reputationsproblem", wie Bernhard Felderer vom Staatsschuldenausschuss im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" sagt. Strukturell leidet Kärnten unter einer schwachen Industrialisierung. Das war nicht immer so, aber zumindest seit dem Zweiten Weltkrieg. Erst seit rund 20 Jahren gibt es mit Siemens und Infineon als Zugpferde einen gewissen Neustart "mit über 1000 Beschäftigten mit guten Einkommen", wie Felderer sagt.

Doch das hat bisher noch nicht verhindern können, dass in Kärnten als einzigem Bundesland die Bevölkerung schrumpft. Dabei kann man durchaus von einem "Braindrain" sprechen, denn "nicht die Unqualifizierten wandern aus", so Felderer. Und letztlich hat Kärnten auch ein Reputationsproblem, befördert durch die Hypo-Pleite und zahlreiche Korruptionsfälle in jüngerer Vergangenheit.

Wie problematisch ist nun die Situation in den beiden Ländern? "Problematisch ist es dann, wenn ein Land glaubt, dass es kein Problem ist und immer weiter macht", sagt Felderer. Letztlich sieht er den Bund gefordert, der Verschuldungspolitik mancher Länder einen Riegel vorzuschieben.