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Dörfler: "Ich bin ein politischer Kumpel"

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Bis 2015 soll Neuverschuldung des Landes auf null sinken.


Wien. Weil es im Gespräch zwischen Gerhard Dörfler und der "Wiener Zeitung" eine Meinungsverschiedenheit über die Bevölkerungsentwicklung Kärntens gab, erlauben wir uns, abweichend von unseren sonstigen Gepflogenheiten einen Info-Text in das Interview einzufügen.

"Wiener Zeitung": Beginnen wir mit der gleichen Frage wie vor vier Jahren: Wie zuversichtlich sind Sie, nach der Wahl noch Landeshauptmann von Kärnten zu sein?

Gerhard Dörfler: Gleich zuversichtlich wie damals.

Obwohl sich die Umstände geändert haben und die FPK von Skandalen erschüttert wurde?

Seit 2009 hat es zwei große historische Erfolge gegeben. Wir haben den historischen Streit um die Ortstafeln gelöst und auf europäischer Ebene die Koralmbahn durchgesetzt.

Aber bleibt bei den Wählern nicht eher die Verurteilung von Uwe Scheuch in der "Part-of-the-game-Affäre" hängen?

Die Wähler wollen einen Arbeitsplatz, ein Einkommen zum Auskommen - die haben ganz andere Wünsche an die Politik, als ständig über irgendwelche Skandälchen zu reden. Die großen Skandale der Republik finden ohnehin anderswo statt, etwa in Salzburg oder Niederösterreich.

Darüber könnte man jetzt streiten, denn immerhin gibt es hier eine rechtskräftige Verurteilung des Ex- Landeshauptmannstellvertreters.

Wo ist das Problem? Er ist nicht mehr in der Politik, das ist Vergangenheit, fertig. Martinz und Strasser gehörten der ÖVP an und in Wien wird gegen eine ganze Serie von Ministerin ermittelt.

Sie haben an Scheuch bis zuletzt festgehalten. War diese Nibelungentreue richtig?

Ich bin nicht einer, der jeden Tag schaut, wo die Sonne scheint. Ich bin ein politischer Kumpel. Solange jemand nicht rechtskräftig verurteilt ist, kann er kein Berufsverbot haben. Der Rechtsstaat hat seine Instanzen und jeder Bürger muss diese anrufen können. Uwe Scheuch hat mir in der Ortstafelfrage die volle Rückendeckung gegeben, dafür war ich ihm sehr dankbar, denn unsere Partei ist den weitesten Weg gegangen.

Was sagen Sie dazu, dass man Sie oft als Marionette der Gebrüder Scheuch bezeichnet?

In der Politik gibt es keine Gebrüder Scheuch. Außerdem: Wenn es bei ÖVP oder Grünen ein Spitzenduo gibt, stört das keinen, aber bei uns regen sich alle auf. Ich habe mich von Anfang an dazu entschieden, kein Parteiobmann sein zu wollen. Aber ich lege meiner Partei die Latte sehr hoch. Wo es mir wichtig ist, gebe ich den Weg vor, etwa bei der Ortstafelfrage.

Sie wollen den mit 500 Millionen Euro dotierten Zukunftsfonds öffnen ...

Nicht nur ich, sondern zahlreiche führende Politiker des Landes: der grüne Spitzenkandidat Rolf Holub, SPÖ-Spitzenkandidat Peter Kaiser, der Präsident der Arbeiterkammer Kärnten - immerhin Mitglied im SPÖ-Parteivorstand -, der Präsident der Industriellenvereinigung. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern - in Niederösterreich wurde eine Milliarde an Wohnbaugeldern verspielt, in Salzburg weiß man heute noch nicht, was los ist - haben wir einen Zukunftsfonds, den wir nachhaltig für Arbeitsmarkt, Innovation, Bildung und Energiemaßnahmen einsetzen wollen. Ich will nicht Arbeitslosigkeit verwalten, sondern die Zukunft gestalten.

Aber was Sie plakatieren - Familiengeld, Baugeld, Gesundheitsgeld - klingt nicht nach Nachhaltigkeit, sondern nach Wahlzuckerl.

Gerade das Baugeld ist nachhaltig. Da kann ich mit 13,4 Millionen Euro an Förderungen 1000 Arbeitsplätze schaffen.

Und was ist mit dem Familiengeld? Kärnten hat jetzt schon die höchsten Familienförderungen Österreichs.

Und darauf bin ich sehr stolz.

Aber sie funktioniert nicht. Die Bevölkerung Kärntens schrumpft.

Das stimmt nicht.

Doch, laut Statistik Austria schrumpft die Bevölkerung.

Nein, sie schrumpft nicht. Wenn sie den Wanderungssaldo hernehmen, ebenfalls von der Statistik Austria, haben wir von 2001 bis 2011 2646 Menschen mehr in Kärnten.

Aber die Wanderungsbilanz alleine sagt nichts über die Bevölkerungsentwicklung aus.

Die Bevölkerungszahl in Kärnten ist zwischen 2001 und 2011 um 2646 Menschen gestiegen. Das ist die Wahrheit.

Nein, das ist nur eine Teilwahrheit.

Die Wanderungsbilanz ist positiv. Es wird immer behauptet, es wandern mehr Menschen ab als zu. Tatsächlich wandern mehr zu. In Summe wächst das Land. In der Zeit der SPÖ-Regierung, als es keine gescheiten Jobs gab, mussten alle auswandern. Wir haben es geschafft, diesen Trend umzudrehen.

Das Land sitzt auf enormen Schulden, in Ihrem Wahlkampf ist aber von Schuldenabbau nie die Rede.

Wenn man die Schulden von Ländern und Gemeinden saldiert, haben Salzburg und Niederösterreich höhere Schulden als Kärnten. Da fragt aber niemand den Herrn Pröll, wie er seine Schulden abbaut.

Es geht jetzt nicht um Niederösterreich, sondern um Kärnten.

Wir haben in den letzten Jahren den Trend der Schuldenentwicklung deutlich abgeflacht. 2015 werden wir die Nulllinie erreichen, dann wird es keine Netto-Neuverschuldung mehr geben.

Und wo wird gespart?

Seit 2009 haben wir 290 Landesmitarbeiter nicht mehr nachbesetzt. Alleine für Landeslehrer mussten wir schon 27 Millionen Euro zuzahlen. Hätten wir nichts getan, wären es heute bis zu 40 Millionen. Darum haben wir bei den Landeslehrern 180 Planstellen gekürzt und so die Zuzahlung auf 13 Millionen Euro gesenkt. Wir haben die Ermessensausgaben von 462 Millionen Euro auf 357 Millionen Euro gekürzt - das sind auch 100 Millionen Euro.

Wäre mehr Steuerhoheit für die Länder eine Möglichkeit, mit dem Schuldenabbau weiter voranzukommen?

Ich halte nichts davon, dass sich ein kleines Land intern durch einen Standortwettbewerb über Ländersteuern in eine Konkurrenzsituation bringt. Stattdessen muss man schauen, welches Bundesland wo die besten Zahlen hat. Daran haben sich dann alle anderen zu orientieren.

Aber wäre mehr Standortwettbewerb nicht eine Gelegenheit, für Unternehmen attraktiv zu werden?

Bei Unternehmensansiedlungen sind wir durchaus erfolgreich. Dadurch entwickelt sich auch der Arbeitsmarkt erfreulich. In Österreich ist die Arbeitslosigkeit 2012 um 5,7 Prozent gestiegen, in Oberösterreich um 7,5 Prozent, in Kärnten nur um 3,6 Prozent. Unsere Wirtschaftspolitik führt dazu, dass wir 2012 klar unter dem Österreichschnitt liegen, was den Zuwachs der Arbeitslosigkeit angeht.

Aber das ist doch eine Augenauswischerei. Oberösterreich hat zwar einen doppelt so großen Zuwachs an Arbeitslosen, aber tatsächlich ist die Arbeitslosigkeit mit 4,5 Prozent nur halb so groß wie in Kärnten mit 9,1 Prozent.

Ja, aber man muss das schon von beiden Seiten sehen: Unsere Maßnahmen zeigen, dass wir uns in einer schwierigen Situation besser behaupten konnten als andere Regionen Österreichs.

Auch Frank Stronach hat Kärnten hunderte Arbeitsplätze versprochen - passiert ist wenig.

Man wird Herrn Stronach gerade auch angesichts seiner politischen Ansagen daran erinnern müssen, dass er diese Arbeitsplätze auch tatsächlich schafft.

Entgegen Ihrer ursprünglichen Ankündigung verzichten Sie im Wahlkampf nicht auf Plakate. Warum?

Ich war überzeugt, eine Wahlbewegung - ich sag nicht Kampf, wir führen ja keinen Krieg - ohne Plakate machen zu wollen. Aber da hat mich einer der wichtigsten Politikberater Österreichs gefragt, ob ich deppert bin. Daher habe ich mich anders entschieden.

Ist es glücklich gewählt, dass der Landesrat für Volkskultur gerade im Wahlkampf Gratis-Konzerte zum Valentinstag veranstaltet?

Das müssen Sie ihn fragen. Jeder Referent hat seinen Gestaltungsraum. Und wenn Peter Kaiser einen Bewegungstag in Bad Kleinkirchheim macht, regt sich keiner auf. Wenn Frau Prettner um 70.000 Euro plakatiert, dass es eine neue Frauenbeauftragte gibt, interessiert das keinen. Was für Prettner gilt, soll auch für Dobernig gelten.

Die Absolute in der Regierung wird sich wohl nicht mehr ausgehen. Mit wem würden Sie am ehesten zusammenarbeiten?

Kärnten braucht stabile Verhältnisse und ich schließe niemanden aus, sondern lade jeden zur Mitarbeit für das Land ein.

Wieso wehrt sich die FPK so sehr gegen die Abschaffung des Proporzes? Das brächte Stabilität.

Es kann ja nicht sein, dass ein Wahlsieger mit 45 Prozent der Stimmen möglicherweise keine Mitverantwortung trägt. Das wäre ein Boykott des Wählerwillens. Wie für Bürgermeister bei Gemeinderatswahlen sollte es daher bei Landtags- und Nationalratswahlen eine Direktstimme für den Landeshauptmann und den Bundeskanzler geben. Die Menschen sollten selbst den Regierungschef in Bund, Land, Gemeinde wählen und gleichzeitig dazu die Parteien.

Bleiben Sie dabei, dass die Freiheitlichen die Nummer eins zum Landeshauptmann wählen?

Selbstverständlich. Wenn Peter Kaiser am Wahltag vorne liegen würde, wäre er zu wählen. Bei der Ski-WM holt auch der Schnellste die Goldmedaille.

Hätten Sie für diesen Fall schon einen Alternativplan?

Ich bin optimistisch, dass mir die Menschen das Vertrauen geben werden. Über andere Dinge zerbreche ich mir nicht den Kopf. Ich werde sicher kein Versorgungsfall.

Gerhard Dörfler

ist seit dem Tod von Jörg Haider im Oktober 2008 Landeshauptmann von Kärnten. Davor war er sieben Jahre lang Verkehrsreferent. Erlernter Brotberuf des 57-Jährigen ist Bankkaufmann.

Kärntens Bevölkerungszahl sinkt
Laut Statistik Austria sank die Bevölkerungszahl Kärntens zwischen 2001 und 2011 von 559.933 auf 557.773, also um 2160 Personen. Zwar ist der Wanderungssaldo dieser Jahre tatsächlich positiv, es wanderten also 2646 mehr Personen zu als ab, aufgrund der deutlich negativen Geburtenbilanz von minus 6468 (gemildert um "statistische Korrekturen" von 2024, etwa wenn ein Kind außerhalb Kärntens geboren wurde oder es Fehler bei Meldungen gab) ergibt sich insgesamt ein Minus von 2160 Personen. Im Jahr 2012 sank die Bevölkerungszahl Kärntens übrigens um weitere 928 Personen auf 556.845.