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Kosovos fünfter Geburtstag

Von Muhamed Beganovic

Politik

Österreich hat als eines der ersten Länder die Unabhängigkeit anerkannt.


Wien. Am Sonntag feiert der junge Staat Kosovo seinen Nationalfeiertag. Es ist der fünfte Jahrestag seit der Ausrufung der Unabhängigkeit und der Abspaltung von Serbien im Jahr 2008. Seither haben 98 der 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen den Kosovo als unabhängig anerkannt, auch Österreich zählt dazu.

"Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern", sagt der in Wien lebende Blerim Selmani. Am Abend davor setzte er sich mit seinem Vater ins Auto und fuhr Richtung Pritina (Prishtina). "Schon Stunden vor der Erklärung war der Hauptplatz komplett voll. Die Menschen wehten mit albanischen Flaggen, denn eine offizielle kosovarische gab es noch nicht", sagt der heute 30-jährige Selmani. "Als die Parlamentssitzung zu Ende war und die Unabhängigkeit ausgerufen wurde, brachen die Menschen in Jubel aus. Es haben sich Albaner aus allen Teilen Europas versammelt, um diesem Moment beizuwohnen", sagt Selmani.

"Für diesen einen Tag sank die Kriminalitätsrate auf null", sagt Berisha K., der ebenfalls von Wien nach Pritina (Prishtina) gereist war, um alles live mitzuerleben. "Die Korruption der Politiker nicht mitgezählt natürlich", fügt er schmunzelnd hinzu. Auch dieses Jahr haben die beiden Männer vor, ihren Nationalfeiertag ordentlich zu feiern, genau wie die Mehrheit der kosovarischen Diaspora in Wien.

Der fünfte Jahrestag wird in Wien mit einem dreitätigen Veranstaltungsprogramm begangen. Bereits am Freitag wurde im Lois Weinberger Saal im achten Bezirk die Ausstellung "Die Zerstörung des kulturellen Erbes im Kosovo 1998-1999" eröffnet. Sie entstand in enger Zusammenarbeit des Instituts für Forschung von Kriegsverbrechen mit der kosovarischen Botschaft in Wien. Die Ausstellung läuft noch bis 21. Februar.

Am Samstag veranstaltet der Badener Musikverein "17 Shkurti" ein Musik- und Tanzkonzert mit traditioneller albanischer Musik und Volkstanz, am Abend findet in der Wiener Diskothek Moodys ein Clubbing für Jugendliche und Junggebliebene statt. Für die Organisation zeichnet "Alba Fest", eine albanische Agentur, verantwortlich, die regelmäßig Events für die albanische Diaspora veranstaltet. Am Sonntag, dem Nationalfeiertag, organisiert der albanische Kulturverein "Aleksander Moisiu" ein Konzert mit bekannten albanischen Sängern.

Der zweite Versuch der Unabhängigkeit

Mit den Feierlichkeiten zelebrieren die Kosovaren nicht nur ihre Unabhängigkeit selbst, sondern auch den langwierigen und teils tragischen Weg, der zu dieser führte. Der Unabhängigkeitserklärung ging ein starkes, politisches Tauziehen zuvor. Die Stimmung im Parlament war damals angespannt. Der Vorschlag, sich von Serbien zu lösen und unabhängig zu werden, konnte nicht alle Mitglieder des Parlaments überzeugen. Daher war es zunächst nicht klar, ob es zur Ausrufung kommen wird. Einer der Gründe dafür war eine schlechte Erfahrung, die das kosovarische Parlament bereits 1991 gemacht hatte. Während den Turbulenzen des Zerfalls Jugoslawiens rief das Parlament ebenfalls die Unabhängigkeit Kosovos aus. Anerkannt wurde diese aber nur vom Nachbarland Albanien. Seitdem funktionierte Kosovo quasi als Parallelstaat innerhalb Serbiens. Unter der Führung Ibrahim Rugovas, der zwischen 1992 und 1999 die Funktion des Präsidenten innehatte, kämpfte das Land gewaltlos für eine Souveränität und Unabhängigkeit. Kurz vor der Jahrtausendwende kam es dann aber zu Auseinandersetzungen.

Vermehrt kam es zu Übergriffen und gewaltsamen Vorfällen zwischen Serben und Albanern im Land. Die Befreiungsarmee des Kosovo (UCK) gewann immer mehr Mitglieder, bis die serbische Regierung unter Führung Slobodan Milosevics sie als Gefahr einstufte und im Juli 1998 eine Großoffensive gegen die UCK startete. Monatelang dauerten die Kämpfe an, geschätzte 400.000 Kosovo-Albaner flohen. Eine Friedenskonferenz scheiterte, ab März 1999 schaltete sich dann die Nato - ohne UN-Mandat - ein und flog bis Juni Luftangriffe gegen die serbischen Truppen. Der Einsatz der Kfor-Truppen (Kosovo Force) stabilisierte die Lage, die jedoch bis heute, besonders im Norden des Landes, angespannt ist.

Keine Anerkennung durch Russland und China

2008, zehn Jahre nach Kriegsausbruch, erklärte sich der Kosovo dann für unabhängig. Der Vorschlag, sich von Serbien zu spalten, fand schließlich im Parlament eine Mehrheit und die Republik Kosovo wurde ausgerufen. Neben Österreich erkennen auch die USA, die Türkei und der Großteil der EU-Staaten die Unabhängigkeit an, Spanien, Griechenland und die Slowakei gehören nicht dazu, ebenso Großmächte wie Russland und China. Sie wollen mit der Anerkennung keinen Präzedenzfall für weitere Abspaltungsbestrebungen schaffen.

Serbien war klarerweise gegen die Abspaltung und ließ 2008 die Rechtmäßigkeit der Unabhängigkeitserklärung vom Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag überprüfen. Dieser legitimierte die Unabhängigkeitserklärung vor zwei Jahren. Sie habe das "allgemeine internationale Recht nicht verletzt", sagte der damalige IGH-Präsident Hisashi Owada bei der Präsentation des Gutachtens. Die Beziehung zu Serbien war in den ersten Jahren eisig, mit der Zeit besserte sich das Gesprächsklima zwischen den beiden Regierungen in Belgrad und Pritina (Prishtina) etwas. Viele Kosovaren wünschen sich eine Anerkennung ihres Staates auch von den restlichen UN-Mitgliedsstaaten - aber auch von Serbien. "Vielleicht feiern in ein paar Jahren Kosovo und Serbien gemeinsam den 17. Februar", sagt Selmani.