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"Schwarz-Grün, why not?"

Von Clemens Neuhold

Politik

Koalition mit Pröll möglich, wenn sich die ÖVP aus Spekulationen zurückzieht.


St. Pölten. Wiener Westeinfahrt, Ober St. Veit: Die Chefin der NÖ-Grünen, Madeleine Petrovic, wartet die Grünphase ab und drängt sich dann mit einem Frühstückskörberl zwischen die Autos. Sie will den Autopendlern ihre Idee eines 365-Euro-Jahrestickets für alle niederösterreichischen Öffis schmackhaft machen. Kommt es, kann sie sich nach der Landtagswahl am 3. März eine Zusammenarbeit mit Erwin Pröll vorstellen.

Mit Semmeln kämpft Petrovic um Pendlerstimmen.
© Neuhold

"Wiener Zeitung": Sollten diese Autofahrer lieber in der U-Bahn sitzen?Madeleine Petrovic: Innerhalb von Wien gibt es kaum einen Grund, das Auto zu verwenden, außer man ist mit schweren Sachen oder körperlich beeinträchtigten Menschen unterwegs. Bei den Pendlern wäre es wünschenswert, wenn viel mehr auf die Öffis umsteigen.

Zu ihrem 365-Euro-Ticket für NÖ: Was kostet das Pendeln mit den Öffis denn derzeit?

Von Baden nach Wien knapp 600 Euro im Jahr, von der Heimatgemeinde des Landeshauptmanns Pröll im Weinviertel 900 Euro pro Jahr. Unser Ticket wäre nicht nur günstiger, sondern auch einfacher. Vor allem Männern ist das mit den einzelnen Fahrscheinen oft zu kompliziert, da fahren sie lieber mit dem Auto.

Viele pendeln auch deswegen, weil die öffentlichen Verkehrsmittel fehlen.

Mit dem Ticket würde die Zahl der Fahrgäste steigen und dadurch der Druck, die Öffis auszubauen und die Intervalle auf den Hauptrouten zu erhöhen. In Wien passiert das bereits massiv - als Folge des 365-Euro-Tickets.

Reichen die Park&Ride-Anlagen?

Hier in Hütteldorf reichen die Stellplätze gerade einmal für einen U-Bahnzug. Da muss viel mehr investiert werden. Generell sollte der Autostrom aus Niederösterreich viel früher gestoppt werden als an der Stadtgrenze.

Bleiben Sie bei Ihrer Forderung nach einem Parkpickerl auch für die Wiener Umgebung?

Ja. Wo Raum knapp wird, braucht es Parkraumbewirtschaftung. Wirte müssen auch für Schanigärten zahlen, wenn sie öffentliche Flächen nutzen.

Sie würden sich dort einen Parkpickerlstreit wie in Wien antun?

Die Rückmeldungen aus den Wiener Bezirken mit Parkpickerl sind überwiegend positiv. Hier im 13. Bezirk gibt es noch kein Parkpickerl. Da ist der Teufel los. Der Parktourismus ist unerträglich.

Im 18. Bezirk haben sich die Bürger gegen das Pickerl ausgesprochen, akzeptieren Sie das?

Schon. Aber viele, die das nicht direkt betrifft, weil sie kein Auto haben, sind gar nicht zur Abstimmung gegangen.

Haben Sie ein Auto?

Ja.

Marke?

Opel Corsa.

Literverbrauch?

5,1 Liter.

Kilometer pro Jahr?

15.000.

Fahren Sie gerne?

Nein, Autofahren ist eine gefährliche Technologie.

Sie sind also der lebende Beweis, dass es als Niederösterreicherin ohne Auto nicht geht.

Müsste ich von Gloggnitz nur nach Wien und zurück, ginge es, aber ich bin in ganz Niederösterreich unterwegs.

Zur Wahl: Sie glauben, dass Pröll die Absolute halten wird. Schon resigniert?

Nein, das habe ich gesagt, weil die SPÖ schwächelt. Sie ist im Würgegriff der ÖVP.

Falls Pröll die Absolute doch verliert und Partner braucht, wäre Schwarz-Grün vorstellbar?

Wenn das 365-Euro-Ticket kommt und sich die ÖVP geordnet aus den Spekulationen mit Wohnbaugeldern zurückzieht, why not? Aber windige Deals machen wir keine.

Sie wollen raus aus den Spekulationen, Pröll will die Verluste an der Börse in den nächsten Jahren wettmachen.

Das sind mindestens eine Milliarde Euro, dafür müsste er noch mehr Hazard spielen an der Börse. Das meint er hoffentlich nicht ernst.

Ist das absolut regierte Niederösterreich eine "Diktatur"?

Sicher nicht. Aber es hat Züge eines Feudalwesens. Da will ein Manager einer Supermarktkette ein Verteilerzentrum - und schwups sitzt er in Prölls Personenkomitee. Bei den Künstlern läuft das genauso. Ich rechne Pröll hoch an, was er für Künstler tut. Aber die Komitees sind peinlich.

Was halten Sie von Frank Stronach?

Der ist Pröll nicht unähnlich. Pröll hat sein Niederösterreich, er hatte seinen Konzern. Stronach wäre besser bei seinen Leisten geblieben. Jetzt will er sich ein weiteres Denkmal setzen und drängt sich in die Öffentlichkeit. Da ist er wie der Richard Lugner.

Seine Weltkugel in Ebreichsdorf haben die Grünen damals verhindert, nicht Pröll.

Genau. Und darauf sind wir stolz. Die wäre höher als der Stephansdom gewesen. Hätte er doch in die Trabrennbahn in Baden investiert. Aber in bestehende Strukturen will er sich nicht einfügen. Dafür ist er zu wenig Demokrat.

Wahlhelfer Niederösterreich