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Ein Kaiser als neuer Landesfürst

Von Simon Rosner

Politik

Marathonmann Peter Kaiser katapultierte die SPÖ auf Platz eins.


Klagenfurt. Seine Leidenschaft für den Marathon hat Peter Kaiser unter anderem bereits nach New York gebracht. Und nach Frantschach. Und Poggersdorf. Und Friesach, Waiern, Ferlach. . . bis Kaiser am Samstagabend in Klagenfurt das Ziel erreichte: die letzte Wahlkampfveranstaltung.

Die SPÖ hatte ihren Spitzenkandidaten im Wahlkampf zum "Marathonmann" stilisiert, was angesichts seiner 23 absolvierten Marathons so nachliegend war, dass es fast schon banal ist. Zumal ja bekanntlich auch schon Jörg Haider Sportlichkeit als durchaus vermarktbare Allegorie für Tatendrang und Durchsetzungskraft erkannte.

In den letzten vier Tagen vor der Wahl schickte die SPÖ also Peter Kaiser quer durchs Land, statt auf 42 Kilometer in 42 Orte, Dörfer und Städte, in Betriebe, Raststationen, auf Hauptplätze, in Cafés und Supermärkte. Wenn man so will, war es der 24. Marathon, den Kaiser absolvierte - und der erste, den er auch gewann. Der "Marathonmann" der SPÖ wird neuer Landeshauptmann von Kärnten.

Viel Ausdauer benötigte der am 4. Dezember 1958 in Klagenfurt geborene Kaiser auch während seiner bisherigen politischen Laufbahn. Er ist so ziemlich das Gegenteil eines Senkrechtstarters, auch wenn seine Parteikarriere einst verheißungsvoll aufsteigerisch begonnen hatte.

Langer Atem

Im Jahr 1989, als Landtagsabgeordnete in Kärnten vor allem eines nicht waren, nämlich jung, zog Kaiser als damaliger SJ-Chef in den Kärntner Landtag ein. Er war der jüngste Abgeordnete, galt als Reformer, naturgemäß als Zukunftshoffnung, doch fünf Jahre später schied Kaiser wieder aus dem Landtag aus. Die SPÖ hatte bei der Wahl mehr als acht Prozent verloren.

"Diejenigen, die der eigenen Partei kritisch gegenübergestanden sind, hatte man nicht unbedingt in den Gremien für Funktionen vorgesehen", sagt Gerhard Mock, der landesparteiintern mächtige St. Veiter Bürgermeister. 1996 schickte die Kärntner SPÖ Kaiser als Spitzenkandidat in die EU-Wahl, doch die Bundespartei hatte ihn an aussichtsloser elfter Stelle gereiht. Einige Jahre war Kaiser eine Art politischer Reservist, einmal leitete er eine Reformgruppe, 1997 zog er für ein Jahr wieder in den Landtag ein, weitere vier Jahre später ein drittes Mal. Und dann blieb er.

Dass Mock und Kaiser einander aus Jugendtagen kennen und schätzen, dürfte für den Landeshauptmann in spe kein Nachteil sein. Einige von Kaisers Vorgängern an der Parteispitze hatten sich immer wieder Zwistigkeiten mit den einflussreichen SP-Bürgermeistern aus St. Veit, Villach, Wolfsberg und Spittal geliefert. "Sie haben es schwer gehabt, weil sie gedacht haben, dass sie die starken Bezirksobmänner und Bürgermeister nicht brauchen", sagt Mock. Kaiser ist anders. "Deshalb kann er auch Wahlen gewinnen."

Kaiser hat es zumindest bisher recht gut hinbekommen, die verschiedenen Interessen in der chronisch zerstrittenen Landespartei zu bedienen, was auf ein hohes Maß an Kommunikationsgeschick hindeutet. Die Grenze zur Anbiederung habe Kaiser jedoch nie überschritten, sagt der seit 1988 amtierende Bürgermeister aus St. Veit: "Kaiser ist von seiner Meinung nicht abzubringen, er ist sehr geradlinig und direkt, und er ist auch immer seiner Ideologie treu geblieben. Der anbiedernde Typ ist er nicht, aber er sucht immer gemeinsame Wege."

Als sinnbildlich dafür lässt sich auch Kaisers Weigerung verstehen, Kärntner Anzüge zu tragen, ja, er besitzt nicht einmal einen. Bis jetzt zumindest. Der bisherige Landeshauptmann Gerhard Dörfler war nur selten ohne Tracht anzutreffen, und auch sonst stellt Kaiser in seinem Naturell und seinem Auftreten eine Art Gegenmodell zu Dörfler dar.

Erinnerungen an Kreisky

Sein Wesen und die Tatsache, dass Kaiser 1993 zum Doktor der Philosophie promovierte, brachte ihn in den Verdacht, ein Intellektueller zu sein. In der österreichischen Innenpolitik gilt diese Zuschreibung mitunter als schweres Vergehen, und auch Bürgermeister Mock spricht davon, dass Kaiser zum Intellektuellen "abgestempelt wurde", nur weil dieser kein Rüpel sei. "Er ist sicher kein G’scheiterl, der mit Arbeitern nicht reden kann."

Kaiser entstammt selbst einer Arbeiterfamilie. Der Vater war Polizist, die Mutter eine Putzfrau und nach dem frühen Tod des Vaters alleinerziehend. Es waren, wie bei vielen SPÖ-Politikern seiner Generation, die Sozialreformen Kreiskys, die Kaiser politisierten. Nur durch sie konnte er aufs Gymnasium gehen, konnte studieren. Es ist daher verständlich, dass Kreisky als ewiger Ankerpunkt der Sozialdemokratie auch in diesem Wahlkampf eine prominente Rolle spielte, Kaiser gemahnte bei seinen Auftritten immer wieder an jene Kreiskys.

Seine berufliche Laufbahn baute Kaiser parallel zu seinen politischen Aktivitäten im Verband der Jugendherbergen auf. Seit den
80er Jahren hatte er hier diverse Funktionen inne, seit 2009 präsidiert er dem ÖJHV, dem Österreichischen Jugendherbergsverband.

Seit 1992 ist Sportfanatiker Kaiser auch Präsident des Kärntner Volleyballverbandes, in seiner Jugend spielte er vereinsmäßig Fußball, danach widmete er sich intensiv dem Ausdauersport und wurde zum Marathonmann. Er absolvierte sogar fünf sogenannte Ironman. Dabei werden vor dem abschließenden Marathon noch vier Kilometer schwimmend und 180 Kilometer radelnd absolviert.

Dass ein weiterer Extrem-Triathlon für den jetzt 54-jährigen Kaiser noch dazukommt, ist nicht sehr wahrscheinlich. Doch da einer der größten Ironmanveranstaltungen in Europa jedes Jahr rund um den Wörthersee stattfindet, kann Kaiser künftig zumindest den jeweiligen Siegern gratulieren. Das ist ja fast so etwas wie Landeshauptmannpflicht.