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Rot-grüne Mehrheit in Kärnten

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Zweierkoalition wäre möglich, aber SPÖ-ÖVP-Grüne wahrscheinlich.


Wien/Klagenfurt. Die Kärntner Landtagswahl vom Sonntag wurde am Montag noch um eine Sensation reicher. Nach Auszählung der Wahlkarten wanderte ein Mandat vom BZÖ zu den Grünen. Damit haben die Linksparteien in Kärnten eine Mehrheit - und zwar in Landtag wie Landesregierung. Bis auf Wien gab es das bisher noch in keinem Bundesland.

Entscheidend war dabei eine einzige Stimme: Die Auszählung ergab 20.746 Reststimmen für die Grünen und 20.745 Reststimmen für die Orangen, wodurch das Reststimmenmandat an die Grünen ging. Zwar will das BZÖ eine Neuauszählung beantragen, aber vorläufig bleibt es bei der Sensation: Das bisher blaue Kernland Kärnten ist rot-grün.

Dass es tatsächlich zu einer Koalition in dieser Farbzusammenstellung kommt, ist aber nicht sicher. Eher zeichnet sich eine rot-schwarz-grüne Koalition ab. Wahlsieger - und künftiger Landeshauptmann - Peter Kaiser (SPÖ) will eine stabile und breite Mehrheit. Rot-Grün hätte (ebenso wie Rot-Schwarz) nur 19 Sitze von 36. Als Dreierkoalition hätte man aber sogar die so wichtige Verfassungsmehrheit. Außerdem haben SPÖ, ÖVP und Grüne schon in den vergangenen Monaten gut zusammengearbeitet. Eine Prolongierung dieser Kooperation in Form einer Koalition ist also sehr wahrscheinlich.

Kaiser kündigte Gespräche mit allen Parteien an. Bis Ende März soll eine Regierung stehen. Eine Koalition mit der FPK schloss er am Montag aber dezidiert aus. Wer außer ihm für die SPÖ noch in der Landesregierung sitzen wird, steht noch nicht fest. Allerdings reklamierte Kaiser nicht nur den Landeshauptmannposten für die SPÖ, sondern auch die Stellvertreter.

Waldner und Holub als Regierungs-Fixstarter

Erster Ansprechpartner für die SPÖ wird wohl die ÖVP sein. Für die wird Landesrat Wolfgang Waldner die Verhandlungen führen. Landesparteichef Gabriel Obernosterer ging am Montag im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" auch davon aus, dass Waldner für die ÖVP in der Landesregierung bleiben wird. Obernosterer betonte auch die Koalitionsbedingungen der ÖVP: Abschaffung des Proporzes (was vor der Wahl ohnehin alle Parteien außer der FPK wollten), Rückgabe der von der FPK entzogenen Finanz- und Personalhoheit an die Ressorts und ein "Bekenntnis zu Sauberkeit in der Politik": Mitglieder der Landesregierung sollen im Falle einer Anklage zurücktreten.

Was seine eigene Zukunft angeht, hielt sich Obernosterer weiter bedeckt. Ob er in Kärnten oder im Nationalrat aktiv sei, hänge davon ab, wo er dem Land mehr nütze und von den Aufgaben, die die ÖVP in einer neuen Regierung übernimmt. Eine Entscheidung soll daher erst nach Ende der Verhandlungen fallen. Landesparteichef will er jedenfalls bleiben.

Bei den Grünen wird voraussichtlich Rolf Holub in die Regierung einziehen. "Das ist so angedacht", sagte Holub zur "Wiener Zeitung", allerdings hänge es auch vom Referat ab, das den Grünen zufällt: "Frauen und Finanzen sind nicht so meine Wunschgebiete." Auch Holub bleibt dabei, dass der Proporz abgeschafft wird. Bis dahin - die Änderung würde erst mit der nächsten Legislaturperiode wirksam - müsse man das Beste aus dem Proporz machen.

Neben SPÖ, ÖVP und Grünen sind auch Team Stronach und die Kärntner Freiheitlichen (FPK) in der Landesregierung vertreten. Bei Letzteren blieb am Montag kein Stein auf dem anderen.

Noch am Sonntag hatte Kurt Scheuch erklärt, Parteichef der FPK bleiben zu wollen. Doch der Absturz von 45 auf unter 17 Prozent war dann doch zu viel. Nach einer Sitzung des Landesparteivorstands erklärte Scheuch seinen Rücktritt als FPK-Obmann.

Es ist schon der zweite Rücktritt eines Scheuch als Parteichef binnen eines Jahres. Erst im Sommer hatte Kurt das Amt von seinem Bruder Uwe übernommen, nachdem dieser infolge der Verurteilung in der "Part-of-the-game-Affäre" die Politik verließ. Nun zog auch Kurt den Hut.

Christian Ragger folgt Scheuch als FPK-Chef nach

Nachfolger - zumindest bis zum nächsten Parteitag, der voraussichtlich in zwei Monaten stattfindet - wird der bisherige Sozial- und Bildungslandesrat Christian Ragger. Der 40-Jährige soll nun für die Freiheitlichen den Karren aus dem Dreck ziehen. Ob das weiterhin als eigenständige Bewegung oder nur noch als Landespartei der FPÖ passiert, ist derzeit noch offen. Am Montag mehrten sich die Stimmen - auch unter den Kärntner Freiheitlichen -, die ein völliges Zusammengehen mit der FPÖ befürworteten. Diesbezüglich wollten sich Ragger und Scheuch aber nicht festlegen. Ragger übernimmt auch den einzigen übrig gebliebenen freiheitlichen Regierungssitz.

Wie und ob es politisch mit Kurt Scheuch weitergeht, er könnte wieder als Klubobmann der FPK fungieren, blieb am Montag ebenso offen, wie die weitere Zukunft des bisherigen Landeshauptmanns Gerhard Dörfler.

Offen blieb am Montag auch, wer für das Team Stronach in die Landesregierung einzieht. Spitzenkandidat Gerhard Köfer hat sich noch nicht festgelegt, ob er in die Landespolitik geht (dann müsste er auch das Amt als Spittaler Bürgermeister abgeben) oder im Nationalrat bleibt.

Zur Person

Christian Ragger

(apa) Obwohl erst vor wenigen Tagen 40 Jahre alt geworden, gilt Christian Ragger als "alter Hase" am politischen Parkett Kärntens. 1999 zog der Wolfsberger Rechtsanwalt für die FPÖ in den Kärntner Landtag ein. 2008 wurde er stellvertretender Klubobmann, nach der Wahl 2009 wurde er Soziallandesrat. Ragger gilt als sehr ehrgeizig, nun soll er die Kärntner Freiheitlichen nach dem Totalabsturz stabilisieren.

Raggers Ära als Soziallandesrat in Kärnten war von Einsparungen geprägt. Für großen Wirbel sorgten etwa Kürzungen beim Heizkostenzuschuss und die Wiedereinführung des Pflegeregresses, den der künftige Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) wieder abschaffen will. Nach dem Rücktritt von Uwe Scheuch im vergangenen Sommer übernahm Ragger auch die Bildungsagenden, hinterließ dort aber keine bleibenden Spuren.

Ragger wurde am 20. Februar 1973 in Wolfsberg geboren. Seine politische Laufbahn begann er im Ring freiheitlicher Jugend, bevor er in die Bezirkspolitik wechselte. Nach sechs Jahren als Stellvertreter wurde er 1999 Bezirksobmann in Wolfsberg.
Ragger gilt als verbindlich im Ton, aber in der Sache gleich hart wie die Gebrüder Scheuch.

Wie für fast alle seiner Fraktionskollegen war nach der Gründung des BZÖ im April 2005 der Wechsel zu den Orangen eine Selbstverständlichkeit. Ebenso selbstverständlich machte er die Rückkehr ins blaue Lager im Dezember 2009 mit. Ragger ist verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter. Er lebt mit seiner Familie in Wolfsberg.