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Erich Foglar will Arbeitnehmer entlasten

Von Reinhard Göweil

Politik

Gewerkschaft steht Barrosos EU-Kommission skeptisch gegenüber.


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Für Arbeitnehmer zählt nicht der Lohnzettel, sondern das, was in der Brieftsche landet.
© © Alexander Raths - Fotolia.com

Wien. "Europa hat eine Verteilungs- und Gerechtigkeitskrise", sagt ÖGB-Präsident Erich Foglar. Der Gewerkschaftsbund fordert daher von der Regierung in den kommenden Jahren eine umfassende Steuerreform, die vor allem Arbeitnehmer entlastet.

Die Lohnsteuersenkung könnte ein Volumen von vier Milliarden Euro erreichen, als Gegenfinanzierung will der ÖGB Vermögenssteuern einheben. "Österreich liegt um mehr als die Hälfte unter dem OECD-Durchschnitt bei Vermögensabgaben. Auf diesen Durchschnitt zu gehen, ist wahrlich keine Wiedereinführung des Kommunismus", meint Foglar. Zudem will der ÖGB Steuerbetrug effizienter bekämpft wissen, Managergehälter sollen ab einer bestimmten Höhe nicht mehr als Betriebsausgabe geltend gemacht werden können, und auch die steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten von Konzernen will der ÖGB einschränken.

Einstimmiger Beschluss

Dies haben am Mittwoch alle Fraktionen einstimmig beim Bundesvorstand beschlossen. Damit wird die Forderung dem ÖGB-Bundeskongress im Juni vorgelegt, der diese absegnen wird. Foglar will bei der Lohnsteuersenkung den im internationalen Vergleich hohen Eingangssteuersatz (36,5 Prozent) senken "und die Kurve verflachen".

Auf einen Zeitpunkt dafür will sich Foglar nicht festlegen. Sein Sozialpartner-Kollege, der Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, will vor 2016 nichts tun, bis dahin soll klar sein, ob Österreich ein ausgeglichenes Budget schafft. "Es geht um eine Änderung des Steuersystems", erklärt Foglar. "Wir wollen keine Ho-Ruck-Aktion, sondern mehr Netto vom Brutto."

Der ÖGB befindet sich damit nicht gerade auf einer Linie mit Finanzministerin Maria Fekter. Diese will zwar auch eine Steuerreform, sieht dabei aber die Steuerpauschalierung von Kleinbetrieben im Mittelpunkt.

Arbeitsmarkt schwierig

Die Arbeitsmarktentwicklung beurteilt Foglar skeptisch. "Wir stellen uns auf schwierige Jahre ein." Dem Gewerkschaftsbund gehe es nun vor allem um "eine bessere Verteilung der Arbeitszeiten. Wie das zu bewerkstelligen ist, da sind wir flexibel." Der ÖGB will sich weder auf die Forderung nach einer 35-Stunden-Woche noch nach einem sechswöchigen Urlaub festlegen lassen. "Wenn wir das faktische Pensionsantrittsalter auf das gesetzliche anheben (von derzeit 58 auf 65 Jahre, Anm.), muss gewährleistet sein, dass die Kollegen dazu auch gesundheitlich in der Lage sind. Ich kann mir bei Schichtarbeitern durchaus längere Ruhezeiten vorstellen", erklärt der ÖGB-Chef.

Die Forderung nach sechs Wochen Urlaub wird derzeit von der SPÖ erhoben, gesetzlich ist dies seit 1986 möglich. Foglar dazu: "Wir haben mehr als 800.000 Jobwechsel pro Jahr, immer weniger Arbeitnehmer kommen auf die dafür notwendigen Dienstzeiten."

Er fordert auch eine EU-weite fixe Mindestlohngrenze, um die Armut zu bekämpfen. Wenngleich "ein Mindestlohn je nach Land anders zu beurteilen sein wird, das ist schon klar".

Wobei Österreichs Gewerkschaftsbund, der auch Mitglied im Europäischen Gewerkschaftsbund ist, derzeit wenig Freude mit der EU-Kommission hat. So fürchten die Arbeitnehmer-Vertreter, dass es in der EU verbindliche Forderungen etwa für Pensionsreformen geben könnte. Das wird vehement abgelehnt. "Wir wollen als ÖGB der Regierung jetzt schon signalisieren, dass sie solchen Avancen aus Brüssel gar nicht erst zustimmen sollte."

Dagegen tritt der ÖGB dafür ein, dass in der EU länderübergreifend Bildungsabschlüsse schneller und reibungsloser anerkannt werden. "Auch damit kann einem Lohndumping begegnet werden." Im Bildungsbereich befindet sich der ÖGB-Chef ganz auf Linie mit den anderen Sozialpartnern. "Wir wollen einen echten Pflichtschulabschluss, und nicht nur die bloße Absolvierung von neun Schulstufen." Qualifizierung müsse den Vorrang erhalten.

Schützenhilfe für Faymann

Die Sozialpartner sind alarmiert, weil österreichweit 18 Prozent aller Lehrlinge die Lehrabschlussprüfung nicht schaffen. Um dazu anzutreten, ist aber ein positiver Abschluss der Berufsschule notwendig - das passe nicht zusammen. Hier wollen die Sozialpartner eingreifen. Auch soll die Durchlässigkeit in andere Bildungswege erhöht werden.

Beschlossen wird das alles Mitte Juni beim ÖGB-Bundeskongress, der 500 Gewerkschafter nach Wien bringen wird. Das Motto der Veranstaltung lautet: "Unsere Mission: Gerechtigkeit."

SPÖ-Obmann Werner Faymann wird’s freuen, das ist auch sein Slogan für die bevorstehende Nationalratswahl. Aber die Fraktion sozialistischer Gewerkschafter hat ja auch eine satte Mehrheit im Gewerkschaftsbund.