Wien. "Es läuft sehr viel auf europäischer Ebene, wo man aufpassen muss, dass man parlamentarisch nicht hinten bleibt", sagte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer Montagabend in einem Hintergrundgespräch mit Journalisten. Um nicht hinter den Entscheidungen in Brüssel und Straßburg zurückzubleiben, arbeiten die Präsidenten der Parlamente der EU-Mitgliedstaaten gerade an einer Vernetzung, die es ihnen ermöglicht, bei Entscheidungen auf EU-Ebene mitzuwirken. Zentrale Frage sei: "Wie können die nationalen Parlamente in der EU Gehör finden?"
Auslöser der Diskussion sei der Fiskalpakt gewesen, bei dem die nationalen Parlamente "überhaupt nicht eingebunden" gewesen seien, so Prammer. Derzeit werden EU-Beschlüsse nur im Hauptausschuss diskutiert und, wenn sie wichtig sind, gebe es eine Erklärung des Kanzlers vor dem Nationalrat. Das ist der Nationalratspräsidentin zu wenig. "So stelle ich mit Parlamentarismus nicht vor", sagte sie.
Die nationalen Parlamente würden von den EU-Gremien "häufig als Durchwinkmaschinen betrachtet". Einzig in Deutschland und Österreich seien die Regierungen an Beschlüsse des Nationalrats gebunden.
Wären die nationalen Parlamente untereinander besser vernetzt, könnten sie auch mehr auf EU-Ebene einwirken. Wobei Prammer betonte, dass der Informationsfluss in die Staaten sehr gut funktioniere. Es gehe aber darum, dass Bedenken oder Anregungen der Mitgliedstaaten in Brüssel stärker Gehör finden. Eine Institutionalisierung der Vernetzung der nationalen Parlamente könnte ein "Disziplinierungsmittel gegenüber den europäischen Gremien sein", sagte Prammer. Und es solle ausdrücken: "Ihr könnt über bestimmte Themen nicht so drüberfahren." Wobei die Nationalratspräsidentin betonte, dass es nicht darum gehe, dass die nationalen Parlamente Entscheidungskompetenzen in Europa einfordern würden. Nein, es gehe einzig und alleine darum, gehört zu werden.
Klubgründungen nur
ein Jahr nach der Wahl
Noch bis zur Wahl im Herbst will Prammer neue Regeln für Klubgründungen während der Legislaturperiode erarbeiten. Geht es nach ihr, sollten Klubgründungen nur noch im ersten Jahr nach einer Wahl möglich sein. Derzeit müssten alle Ausschüsse alle sechs Wochen neu konstituiert werden - das führe zu einem enormen Aufwand. Sie sei sehr für das freie Mandat, aber es mute doch sehr bedenklich an, wenn sich Mandatare nur aus Opportunitätsgründen bestimmten Gruppen zuwenden würden, sagte die Präsidentin.
Verschärfungen soll es auch bei Dringlichen Anfragen geben. Anfragebeantwortungen durch die Minister beziehungsweise deren Büros sollen künftig in längstens vier Wochen im Hohen Haus einlangen müssen.
Lust auf Demokratie
Das zweite Buch von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer heißt "Wir sind Demokratie" und wurde am Dienstag Abend präsentiert. In diesem "Büchlein", wie sie ihr Werk selbst nennt, erklärt sie "aus Sicht der Praktikerin", wie Demokratie in Österreich funktioniert. Das Buch wendet sich in erster Linie an junge Menschen. Auf 128 Seiten schreibt Prammer über sinkende Wahlbeteiligung, erklärt, wie das Parlament funktioniert, wie aus Stimmen Mandate werden und warum Parteien für die repräsentative Demokratie unverzichtbar sind.
Barbara Prammer: "Wir sind Demokratie. Eine Ermunterung" Edition Ausblick 2013, 128 Seiten, 8 Euro