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"Wir gewinnen Wahlen, keine Umfragen"

Von Matthias Nagl

Politik
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Tirols FPÖ-Chef Gerald Hauser will Zweiter werden.


Innsbruck. 532.500 Wahlberechtigte wählen am 28. April einen neuen Landtag. Noch nie gab es ein so breites Angebot wie heuer. Die seit 1945 ununterbrochen regierende Volkspartei steuert dabei auf ein weiteres historisches Tief zu. Nachdem 2008 nur noch 40,5 Prozent der ÖVP ihr Vertrauen geschenkt hatten, rittern heuer gleich elf Listen um die 36 Sitze im Landesparlament. Spannend bleibt, wie viele Listen notwendig sein werden, um die Landesregierung bilden zu können. Die FPÖ erreichte vor fünf Jahren 12 Prozent.

"Wiener Zeitung":In Tirol herrscht aktuell eigentlich kein schlechtes Klima für Oppositionsparteien. Die Umfragen sehen die FPÖ dennoch stagnieren. Warum?Gerald Hauser: Zu den Umfragen: Wir gewinnen Wahlen und keine Umfragen. Das war das vorige Mal noch viel extremer. Immer, wenn wir von den Medien massiv angegriffen werden, ist die Bekennerbereitschaft rückläufig. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir stärker werden. Ideales Wunschziel ist es, die Nummer zwei zu werden. Das ist natürlich schwierig, das weiß ich.

Aber die Resultate der FPÖ in Niederösterreich und Kärnten und die folgenden - auch parteiinternen Diskussionen - waren sicher keine Hilfe, auch wenn es mit Tirol direkt nichts zu tun hat.

Als Mitglied der FPÖ ist man über solche Ergebnisse überhaupt nicht erfreut, das ist klar. Ich bin sehr froh, dass man in Kärnten versucht, einen richtigen Neustart zu machen. Wir sind als Tiroler Freiheitliche für den Wahlerfolg hier selber zuständig. Natürlich hätten wir einen Rückenwind, wenn Kärnten besser gelaufen wäre. Aber es gibt ja genug Gründe, die FPÖ in Tirol zu wählen.

Was sind diese Gründe?

Wir wollen den Stillstand in Tirol endlich überwinden. Wir sind die Tirol-Partei und stehen aufseiten der Bürger. Stichwort Agrargemeinschaften: Dieses historische Unrecht muss endlich gelöst werden. Ehemalige Gemeindegründe, die laut Verfassungsgerichtshof den Gemeinden widerrechtlich genommen wurden, müssen endlich wieder zurückgegeben werden. Dazu kommen die Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Arbeit muss sich lohnen. Das Dauerthema Mieten: Das haben wir bei jeder Wahl. Die, die zuständig waren, SPÖ und ÖVP, haben nichts weitergebracht. Wohnen ist noch unleistbarer geworden. Wir wissen, dass wir in nahezu jeder Einkommensstatistik die rote Laterne tragen, aber höchste Preise beim Wohnen haben. Die Kluft zwischen Einkommen und Lebenskosten nimmt immer mehr zu. Die Freunderlwirtschaft in diesem Land muss endlich reduziert werden. Seit 2008 wurden etwa 750.000 Euro an Marketingaufträgen nur an ÖVP-nahe Agenturen vergeben. Das Thema Sicherheit ist für uns auch ein wesentliches Thema.

Das war ein ganzer Schwall an Themen. Das klingt, als wollten Sie in die Regierung.

Es muss nicht unbedingt so sein, dass es wie beim vergangenen Mal eine Koalition der Verlierer gibt. Es kann auch einmal eine frische, unverbrauchte Kraft wie die FPÖ in eine Koalition hineinkommen. Aber nicht um jeden Preis, nicht um ein Dienstauto.

Haben Sie da präferierte Partner?

Wir grenzen niemanden aus. All jene, die helfen unser Programm umzusetzen, sind mögliche Partner. Auch als Bürgermeister in meiner Heimatgemeinde schaue ich nicht darauf, wer eine Idee einbringt, sondern ob diese Idee für die Gemeinde gut ist. So ist es auch in einer Koalition.

Sie haben das Thema Freunderlwirtschaft schon angesprochen. Gibt es das vielzitierte "System Platter" in Tirol?

Die ÖVP war seit dem Krieg die bestimmende Partei, und natürlich gibt es dieses System ÖVP. Ich hätte mir vom Landeshauptmann Platter erwartet, dass er die Agrarfrage engagiert angeht und auch löst. Er ist doch Arbeitnehmer! Das hat er nicht getan. Es hat sich der Bauernbund innerhalb der ÖVP wieder durchgesetzt.

Zur Person



Gerald Hauser

ist seit neun Jahren Chef der FPÖ Tirol. Der 51-Jährige ist Bürgermeister der Osttiroler Gemeinde St. Jakob in Defereggen und Klubobmann der FPÖ im Tiroler Landtag. Der ausgebildete Lehrer saß von 2006 bis 2008 im Nationalrat.